Kormorane am Ammersee:"Die Katastrophe geht weiter"

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Die Jagd auf Kormorane am Ammersee wird wieder gelockert, um die Verluste der Fischer zu reduzieren. Doch diese sind gar nicht so begeistert.

Armin Greune

Die neue Verfügung der Bezirksregierung, die Kormoranjagd unter bestimmten Bedingungen auch vom Boot aus zu gestatten, ist für die 38 Ammerseefischer kein Grund zum Aufatmen. Aus ihrer Sicht wäre eine wirksame Regulierung der Bestände nur möglich, wenn in die Brutkolonie eingegriffen wird - die jedoch hat sich ausgerechnet im Naturschutzgebiet "Vogelfreistätte Ammersee Südufer" angesiedelt, in der eine Bekämpfung nach wie vor verboten bleibt.

Die Regierung von Oberbayern hat ab sofort die Kormoran-Jagd am Ammersee erleichtert. (Archiv) (Foto: ddp)

Um heimische Fischarten zu schützen und wirtschaftliche Verluste der Fischer in Grenzen zu halten, hat die Regierung von Oberbayern die Jagd auf Kormorane am Ammersee nach 2009 abermals etwas erleichtert. Von sofort an ist - außerhalb bestimmter Ruhezonen - der Abschuss der Vögel auch vom Boot aus gestattet: Erwachsene Exemplare dürfen vom 16. August bis zum 14. März, Jungtiere das ganze Jahr über bejagt werden. Außerdem wird den Fischern unter Umständen gestattet, die Neugründung von Brutkolonien außerhalb von Naturschutzgebieten zu verhindern - indem sie Nester vor Beginn der Eiablage oder nach der Aufzuchtphase zerstören.

Am Ammersee hat sich freilich schon seit 20 Jahren eine Kormorankolonie etabliert, die etwa 100 Brutpaare umfasst. Aus Sicht der Fischer richtet diese Population verheerende Schäden an: Auf fünf bis zehn Euro pro Vogel schätzen sie die wirtschaftlichen Verluste, die an Netzen und Renken verursacht werden. Doch auch viele andere Fischarten seien nicht zuletzt durch den Kormoran bedroht, sagt der Gewässerbiologe und Ammerseefischer Bernhard Ernst: "Es ist bitter, wie es an unseren Flüssen aussieht, man findet nirgends einen natürlichen Fischbestand mehr." Von der nun erfolgten Erweiterung der Jagd verspricht er sich nicht viel: Vor etwa fünf Jahren hatten die Ammerseefischer schon einmal versucht, an ihren Netzen Kormorane zu schießen - damals sei kein einziger Vogel erlegt worden. Nur "sehr begrenzte Hoffnungen" hegt Bernhard Ernst, dass die Jagd wenigstens dazu beträgt, Kormorane von den Netzen zu verscheuchen.

Den Versuch, die Netzräuber zu vergrämen, wolle man unternehmen - doch dem eigentlichen Problem werde man so nicht Herr, meint auch Hans Ernst, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Ammersee: "Diese Verordnung geht an der Sache vorbei und die Katastrophe geht weiter." Hauptforderung bleibt für ihn, die Brutkolonie zu reduzieren: Er hofft nun, dass die Ammersee-Population in ein Pilotprojekt einbezogen wird, mit dem die Bezirksregierung die Kormoranbestände direkt an den Nistplätzen bekämpfen will. Am Starnberger See nisten die Vögel nicht, doch seit Jahren schlafen etwa 35 bis 60 im Winter auf der Roseninsel. Auch die Würmseefischer müssen Schäden hinnehmen, "doch so dramatisch wie am Ammersee ist es hier nicht", sagt Andreas Lidl von der Fischereigenossenschaft.

Aus Sicht des Landesbunds für Vogelschutz wird die neue, bis April 2013 gültige Verordnung zwar nicht begrüßt, aber hingenommen, sagt der Kreisvorsitzende Horst Guckelsberger: "Wir können damit leben und müssen sehen, wie sich das entwickelt." Entscheidend sei, dass die winterlichen und sommerlichen Ruhezonen respektiert bleiben. Er hätte sich freilich gewünscht, dass auch der Bereich zwischen Herrsching und Aidenried einbezogen würde. Guckelsberger bezweifelt, ob dem Kormoran mit Jagd beizukommen ist: "Jährlich werden 8000 in Bayern abgeschossen, das hat aber an der Gesamtzahl nichts Wesentliches geändert."

© SZ vom 28.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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