Konzert in Weßling:Fingerpicking und Freiheit

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Singer-Songwriterin Amélie Haidt und Poetry-Slammerin Meike Harms treten zusammen auf

Von Patrizia Steipe, Weßling

Die eine hat sich als Singer-Songwriterin in verschiedenen Bands einen Namen gemacht, die andere nennt sich Bühnenpoetin und wurde 2014 zur bayerischen Meisterin im Poetry Slam gekürt. Im Rahmen der Reihe von Grünen-Bürgermeisterkandidat Sebastian Grünwald "Grünwald lädt ein" sind die aus Weßling stammende Amélie Haidt und Meike Harms aus Gilching im Pfarrstadel aufgetreten. Ein paar Stühle, Stehtische, ein Buffet und Getränke hatten die Weßlinger Grünen für die Besucher im Foyer aufgebaut.

Das lockere Kennenlernen der Kandidaten für die Kommunalwahl wurde immer wieder durch die Gesang- und Gedichtbeiträge unterbrochen, was einerseits für die vielen Gäste anregend und abwechslungsreich war, den Künstlerinnen aber die Herausforderung brachte, das Publikum nach den einzelnen Sets wieder auf das Bühnengeschehen zu fokussieren. Beiden ist es jeweils auf ihre Art bravourös gelungen.

Dazu brauchte Haidt, die ihre selbstkomponierten Songs mit der E-Gitarre begleitete, nicht einmal den Verstärker weiter aufzudrehen. Ihr über mehrere Oktaven reichendes Stimmvolumen ließ die Zuhörer bald an ihren Lippen hängen. "Vergolde die Zeit, weshalb noch warten", forderte die Sängerin in ihrem gleichnamigen Lied auf die Schnelllebigkeit unserer Zeit. Das Postulat der Perfektion im Übermaß kritisierte sie in ihrem Lied mit "sollte dies und das schon können, am besten über Nacht gelernt, doch was, wenn mein Herz mal hängen bleibt?"

Meike Harms aus Gilching spricht ihre Verse in atemberaubender Geschwindigkeit. (Foto: Arlet Ulfers)

Während ihre jazzige, warme Gesangstimme schwierige Notensprünge und Melodien bewältigte, begnügte sich die Begleitung mit zurückhaltenden Akkorden und Fingerpickings. Viele ihre Lieder entstünden auf ihren Bahnfahrten, verriet die Künstlerin, die in vielen Bands singt. In Weßling ist sie bereits öfter mit "Miss Mango" aufgetreten, einer Band, die die Leser der Süddeutschen Zeitung 2013 zur Band des Jahres gekürt hatten. Im Pfarrstadel interpretierte sie ihre Songs aus dem Projekt "Amélie 23 Karat".

"Mir fehlt die natürliche Autorität", meinte die 1982 geborene Meike Harms von der Bühne herab angesichts der sich angeregt unterhaltenden Besucher, doch das stimmte nicht. Nachdem sie ein paar Sekunden einfach nur in das Publikum gestarrt hatte, wurde es mucksmäuschenstill. Und das war auch gut so, denn es wäre zu schade gewesen, wenn die Wortspielereien, die Harms in atemberaubender Geschwindigkeit und natürlich auswendig vorgetragen hatte, im Gemurmel untergegangen wären.

Amélie Haidt aus Weßling überzeugt mit jazzigem Gesang. (Foto: Arlet Ulfers)

Poetry Slam lebt von der Geschwindigkeit, von der Gestik und der Betonung. Daran musste sich so mancher Besucher erst einmal gewöhnen. "Ich fange mit einem ganz schnellen Stück an, dann kommt einem das nächste nicht mehr so schnell vor", scherzte sie, rappte aus der Perspektive einer Bartagame, die gar keinen Bart hatte, aber ein "Rap-til" sei, und trug das Märchen vom König "Don't worry" vor, der sich der Arbeitsbiene "Bee happy" geschlagen geben musste... "und wenn sie nicht gestorben sind, so summen sie noch heute".

Am meisten Applaus gab es aber für ihr Gedicht "Freiheit". Ein trotz vieler lockerer Sprüche sehr tiefsinniges Gedicht, das Freiheit als höchstes Gut hinterfragte. "Freiheit ist ein Privileg mit Interpretationsspielraum", textete Meike Harms, um dann festzustellen: "Wie alle Ressourcen ist Freiheit dort zu knapp, wo man sie am meisten braucht, und dort im Überfluss vorhanden, wo man nicht weiß, wie man sie am besten verschwenden soll."

© SZ vom 08.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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