Konzert in Gilching:Kein seichtes Fabulieren

Lesezeit: 1 min

Katharina Sellheim am Klavier und David Frühwirth an der Geige. (Foto: Nila Thiel)

Graham Waterhouse präsentiert mit seinem Quintett vier Kompositionen

Von Reinhard Palmer, Gilching

Eine Uraufführung war diesmal nicht dabei. Aber die hat im für Neue Musik überraschend gut besuchten Konzert des Kunstforums in der Aula des Gilchinger Gymnasiums wohl niemand vermisst. Denn Uraufführungen sind ja im Grunde selten fertig ausgereifte Stückvorträge. Die vier Kompositionen des in Weßling lebenden Komponisten Graham Waterhouse, die auf dem Programm standen, haben den Reifeprozess hinter sich und wurden mit den Musikern des Abends in diesen Tagen im Planegger Kupferhaus für eine CD-Veröffentlichung aufgezeichnet.

2016 hatte der Brite Waterhouse die "Trilogy" komponiert, die aus der französischen, deutschen und englischen Nationalhymne besteht. Übereinandergelegt harmonieren im Metrum nur die zwei ersten, sodass die englische zurechtgebogen werden musste, doch sich nie wirklich fügte, erläuterte der Komponist mit Analogien zum Brexit. Die Komposition wirkte wie ein wirrer Traum, in dem mal dieses, mal jenes bekannte Motiv deutlich hervortrat. Doch dieses Klavierquintett in voller Besetzung des Abends mit Katharina Sellheim (Klavier), David Frühwirth (1. Violine), Namiko Fuse (2. Violine), Konstantin Sellheim (Viola) und Waterhouse am Violoncello war kein düsteres Traumbild wie "Bei Nacht" aus dem Jahr 2000. Von einem frühen Gemälde Kandinskys inspiriert, formte ein Klaviertrio ein gespenstisches Szenario, das über eine elegische Überleitung zu einem drängenden zweiten Teil gelangte, das von einem chromatischen Motiv dominiert war. Nach einem furiosen Höhepunkt verflüchtigte sich der Spuk im tremolierenden Flirren.

Solche ereignisreichen Dramaturgien charakterisieren die meisten Werke von Waterhouse. Im Grunde ist er ein Geschichtenerzähler, der sich allerdings nie mit seichtem Fabulieren begnügt. Das Klavierquartett "Skylla und Charybdis" von 2014 ist aber auch ein Beispiel für metaphorische Analogien, mit denen Waterhouse gerne spielt und abstrahierend in musikalische Formen verwandelt.

Bei einer derart komplexen Erzählung zog Waterhouse schon alle Register und sparte nicht an Dramatik. Das aufeinander eingespielte Ensemble ließ sich fetzig auf den Groove ein, zog sich aber auch einfühlsam ins mysteriöse Schwirren zurück. Eine packende Reise, die auch die "Rhapsodie Macabre" als "Hommage à Liszt" zum 200. Geburtstag des Romantikers 2011 entstanden ist. Das fünfsätzige Werk erlangte in der Neueinstudierung seit der Entstehung endlich ihr volles energetisches Niveau. Da entlud sich nach einem geheimnisvollen Adagio zum Finale eine enorme Kraft und Spannung der zwei Schlusssätze.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: