Kommunalwahl in Starnberg:Streitbares Seenland

Lesezeit: 4 min

Ob Tunnel, Umfahrung oder Windrad: Die Landkreisbürger sind schnell auf 180. Das hat Auswirkungen auf die Politik. Ein interaktiver Überblick.

Von Sabine Bader

Der Landkreis Starnberg ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes Pflaster. Schon sein Name steht für See, Alpenkette, Exklusivität - kurz: für gediegenen Luxus. Eine Tatsache, um die mindestens die halbe Republik die Starnberger beneidet. Und die andere Hälfte? Die kommt im Sommer zu Besuch. Dann heißt es zusammenrücken auf den Liegewiesen, Dampfern und auf den Straßen. Der Landkreis ist unbestritten eine Fremdenverkehrsregion. Aber er ist auch Lebens- und Arbeitsraum für viele. Und dem muss die Politik Rechnung tragen, was nicht immer einfach ist. Denn einerseits wissen die Starnberger zwar, dass sie an ihrer schönen Umgebung auch andere teilhaben lassen müssen. Anderseits wollen sie tief im Herzen nur das eine: unter sich bleiben.

So ist die Gefühlslage vieler Landkreisbürger eine eher diffuse, wenn es um die politischen Spannungsfelder geht, die Tourismus, Wirtschaft und Energiewende mit sich bringen. Man will alles: Arbeitsplätze, sauberen Strom und schnell von A nach B kommen. Aber man will auch eine makellos unverbaute Landschaft - ohne Aldi-Warenlager und neue Trassen. Im Landkreis kämpfen die Bürger selbst gegen Windräder mit einer Vehemenz, als würde in ihrer Nähe ein Atomkraftwerk geplant. Wer hier wohnt, ist meist streitbar. Und unterschwellig spielt wohl das diffuse Gefühl eine Rolle, mit dem teuren Eigenheim auch die Unveränderlichkeit erkauft zu haben.

Nur so ist es zu erklären, dass gegen manches Bauvorhaben so sehr gekämpft wird, als hinge das eigene Leben davon ab. Ein Beispiel dafür ist der Starnberger Tunnel. Allein dieses Projekt macht die Bürgermeisterwahl in der Kreisstadt zu einer Richtungswahl: Tunnel oder Umfahrung. Dabei ist Letztere bei genauerem Hinsehen keine Alternative, weil sich der Bund entschieden weigert, sie zu bezahlen. Ungeachtet dessen wird das Projekt in Starnberg zur Glaubensfrage erhoben, an der sich jeder der fünf Kandidaten messen lassen muss.

Schon aus diesem Grund wird es am 16. März spannend in der Kreisstadt, denn Rathauschef Ferdinand Pfaffinger (UWG) darf aus Altersgründen nicht mehr antreten. Vier der Bewerber sind für den Tunnel, eine Kandidatin dagegen. Das wird sich wohl auch in der Stichwahl widerspiegeln - in der es heißen dürfte, Hans Beigel (UWG) oder Ludwig Jägerhuber (CSU) gegen Eva John (BMS).

Im benachbarten Gauting gibt es sogar sechs Bewerber. Auch hier werden die Karten neu gemischt, weil die SPD-Bürgermeisterin Brigitte Servatius nicht mehr antreten darf. Ob die Sozialdemokraten jedoch den Rathaussessel verteidigen können, ist fraglich, denn viele Wähler sehen Brigitte Kössinger (CSU) und Wolfgang Meiler (BiG) als aussichtsreichste Kandidaten für die Stichwahl.

Günstiger stehen die Chancen für die SPD in Gilching. Obwohl es in der am schnellsten wachsenden Landkreisgemeinde vier Kandidaten gibt, hat der amtierende Rathauschef Manfred Walter (SPD) eine durchaus realistische Chance, ohne Stichwahl wiedergewählt zu werden. Das hat schon Seltenheitswert in Bayern.

Spannend dürfte es in Wörthsee, Inning und Schondorf (Landkreis Landsberg) werden. Auch in diesen drei Gemeinden stehen die Amtsinhaber nicht mehr zur Wahl. In Wörthsee und in Schondorf gibt es je vier Bewerber, in Inning drei.

Die Rathauschefs am Westufer des Starnberger Sees treten indes allesamt wieder an: Rainer Schnitzler (PWG) in Pöcking, Bernhard Sontheim (BG) in Feldafing, Stephan Wanner (Ein Bürgermeister für Alle) in Tutzing, Josef Steigenberger (ÜFW) in Bernried und Michael Bernwieser (PfB) in Seeshaupt. Und sie alle haben realistische Chancen, ihre Jobs letztendlich zu behalten, auch wenn es in Tutzing und Feldafing zu Stichwahlen kommen und noch ganz schön spannend werden kann.

Entspannter Blick in die Zukunft

Am Ostufer des Starnberger Sees ist die Sache hingegen schon jetzt klar: Bergs Bürgermeister Rupert Monn (EUW) kann ebenso entspannt in seine politische Zukunft blicken wie Michael Grasl (FW) im benachbarten Münsing (Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen). Denn Monn ist bereits bis 2020 gewählt, da in der Gemeinde Berg die Bürgermeisterwahlen seit 1994 außertourlich und damit nicht zeitgleich mit den Gemeinderatswahlen stattfinden. In Münsing ist Grasl der einzige Kandidat und kann sich allein darum schon sicher sein, dass für ihn nach der Wahl vor der Wahl sein wird.

Da geht es ihm wie seinem Amtskollegen vom Ammersee, Christian Schiller (Ein Bürgermeister für alle). Auch der Herrschinger Rathauschef könnte sich getrost zurücklehnen, da er keinen Gegenkandidaten hat. Dass er dennoch angespannt ist, liegt an seiner vergleichsweise günstigen Ausgangslage: Ein schlechtes Wahlergebnis wäre da "schon peinlich".

Etwas angespannt ist dieser Tage wohl auch der Weßlinger Rathauschef Michael Muther (FW). Schließlich muss er sich gegen zwei Mitbewerber von SPD und Grünen durchsetzen. Und traditionsgemäß schneiden in Weßling Sozialdemokraten wie Grüne gut ab. Zwei Gegenkandidaten hat auch Christine Borst (CSU). Die Kraillinger Rathauschefin tritt zum zweiten Mal an. Auch wenn sie sich - ebenso wie Muther - nicht allzu große Sorgen machen muss. Schließlich ist ihre Gemeinde seit Jahrzehnten fest in CSU-Hand. Der einzige Grünen-Bürgermeister im Fünfseenland ist Josef Lutzenberger aus Utting (Landkreis Landsberg). Er stellt sich wieder zur Wahl und erhält Konkurrenz aus den Reihen von CSU und SPD.

Dienstältester Bürgermeister im Landkreis Starnberg ist Wolfram Gum (CSU) aus Seefeld. Im Jahr 1990 war er mit erst 34 Jahren einer der jüngsten Gemeindechefs überhaupt. Vier Wahlperioden lang ist der 58-Jährige nun im Amt, jetzt will er es zum fünften Mal wissen. Mit personellen Veränderungen an der Rathausspitze rechnen die meisten Seefelder aber nicht. Schaffen wird es wohl auch wieder Dießens Rathauschef Herbert Kirsch (Dießener Bürger), auch wenn allein die Tatsache, dass Alexander Dill (ZfD) gegen ihn antritt, ordentlich Wirbel in der Marktgemeinde verursacht. Beobachter sagen, Dill störe vor allem den Dießener Dorffrieden und die Gemütlichkeit am Ratstisch.

Ja, und nicht zu vergessen ist da noch der Dienstherr aller Bürgermeister im Landkreis - Landrat Karl Roth (CSU). Er stellt sich ebenfalls zur Wiederwahl und hat vier Gegenkandidaten. Die Aussichtsreichste unter ihnen dürfte Julia Ney von der SPD sein. Doch auch die Gautingerin gilt letztlich als chancenlos. Die spannende Frage ist eher: Schafft Roth es schon im ersten Wahlgang?

© SZ vom 01.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: