Kommentar:Harte Realität

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Wenn es so weitergeht, steht die Energiewende im Landkreis schon bald vor dem Aus

Von Otto Fritscher

Lange war sie ein Vorzeigeprojekt, das in Sonntagsreden immer gerne erwähnt wurde: die geplante Geothermieanlage bei Bernried. Dieses Projekt, man muss dies wohl so deutlich sagen, ist nun an vielerlei Widerständen gescheitert. Zwar liegt Bernried nicht im Landkreis Starnberg, aber am Starnberger See, und deshalb hat das Scheitern der Geothermie Strahlkraft in den Landkreis hinein, der sich bis zum Jahr 2035 energieautark gemacht haben will. So der Beschluss des Kreistags. Das ist ein hehres Ziel, doch die Realität sieht anders aus.

Zum Beispiel Windkraft: Die vier Windräder hat die Gemeinde Berg gegen erbitterte Widerstände durchgefochten, doch von der einstigen Windkraft-Euphorie ist nichts übrig geblieben. Die gültigen Abstandsregelungen erlauben im Fünfseenland kaum neue Windräder, und weitere Planungen würden ohnehin schon durch den zu erwartenden Widerstand im Keim erstickt. Offenbar haben die Gegner der Windkraftanlagen schlechte Augen, denn dass eine bestehende Hochspannungsleitung quer durch die Landschaft - wie etwa bei Unterbrunn - besser aussieht als ein Windrad, das ist nicht ersichtlich.

Zum Beispiel Mobilität: Nicht viel besser sieht es bei diesem wichtigen Bereich der Energiewende aus. 130 Elektroautos gibt es im Landkreis gegenüber mehr als 80 000 Benzinern. Auch der Zuschuss der Bundesregierung zum Kauf eines Elektroautos zeigt nicht die gewünschte Wirkung, ein E-Auto ist den meisten Bürgern auch mit 4000 Euro Zuschuss nicht schmackhaft zu machen. Der Vergleich sei erlaubt: Wer kein Gemüse mag, der isst auch keines, selbst wenn es besonders billig ist. So sieht das auch mit dem Öffentlichen Personen-Nahverkehr aus: Nahezu jeder Bauernhof ist inzwischen im Stundentakt mit einem Bus zu erreichen, von früh morgens bis spät abends. Aber die meisten Busse kutschieren in den Randzeiten leer oder höchstens mit zwei, drei Passagieren durch die Gegend. Ein Luxus, den sich der Landkreis noch erlaubt. Im Gegenzug werden dringend notwendige Straßensanierungen auf die lange Bank geschoben.

Wenn es so weitergeht, steht die vollmundig propagierte Energiewende schon bald vor dem Aus. Denn eine Politik, die an den Bedürfnissen und Wünschen der Mehrheit der Bürger vorbeigeht, ist zum Scheitern verurteilt.

© SZ vom 18.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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