Kommentar:Gemeinde muss einspringen

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Berg tut das, was eigentlich Aufgabe der Staatsregierung wäre

Von Christine Setzwein

Die Zeit totzuschlagen ist, so martialisch sich das auch anhört, kein Verbrechen. Aber schön ist es nicht. Wer mit seiner Zeit nichts Richtiges anzufangen weiß, kommt mitunter auf dumme Ideen. Drogen und zu viel Alkohol machen aggressiv und manchmal auch gewalttätig. Vielen Flüchtlingen ist langweilig, weil sie nicht arbeiten dürfen. Sie haben keine Perspektive, weil sie nicht wissen, ob sie bleiben dürfen. Manch einer rastet dann aus.

Mit diesen Problemen sind die Asylhelfer immer öfter befasst. Probleme, mit deren Lösung die Ehrenamtlichen selbst überfordert sind. Sie haben genug zu tun mit der Integration von Kindern und Jugendlichen, mit der Beschaffung von Arbeitserlaubnissen, mit der Suche nach Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge. Der Freistaat zieht sich mehr und mehr aus der Flüchtlingshilfe zurück, kürzt den Betreuungsschlüssel, verweigert Arbeitsgenehmigungen, verschärft die Situation durch rigorose Anweisungen an die Ausländerbehörde.

In der Gemeinde Berg kümmern sich etwa 30 Bürger aktiv um die gut 100 Flüchtlinge, und das seit Jahren. Zwar hat die Innere Mission die Betreuung der Geflüchteten übernommen, aber ein Betreuer ist mittlerweile zuständig für 225 Asylsuchende. Ein Unding. Wenn 40 Helfer in die Gemeinderatssitzung kommen, muss die Lage sehr ernst sein. Die Helfer brauchen selber Hilfe: mehr Personal und mehr Geld.

Das sehen auch die Berger Gemeinderäte so. Sie stellen aus dem kommunalen Haushalt 20 000 Euro für mehr Betreuungsstunden zur Verfügung. Nicht unbedingt, weil sie so großherzig wären. Sie wissen, was in Gefahr ist, wenn ein paar wenige Flüchtlinge durchdrehen: der soziale Frieden im Dorf. Auf die Staatsregierung können sie sich dabei nicht verlassen. Manche Parolen im Wahlkampf lassen eher den Schluss zu, dass gutes Auskommen zwischen Bürgern und Geflüchteten gar nicht erwünscht ist.

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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