Kommentar:Abschied von Freunden

Die Flüchtlinge müssen ausziehen und werden nach Weßling verlegt - damit zerbricht ein gewachsenes Gefüge

Von Sabine Bader

Nun wird also die Feldafinger Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Fabrikhalle der Diamantschleiferei aufgelöst, und die etwa 100 Asylbewerber werden in Containeranlagen nach Weßling und Herrsching verlegt, wie es im Behördendeutsch heißt. "Verlegt", als habe man seinen Schlüssel verschmissen. Doch es geht um Menschen, die nach Krieg und Flucht gerade dabei sind, sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden. Das ist schwierig genug. Doch oft gelingt es. Vor allem dank der Helferkreise, die ganze Arbeit leisten. Sie organisieren Sprachkurse, helfen bei Behördengängen, tüten Treffen mit Nachbarn und gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen der örtlichen Schulen und Vereine ein. Das genau ist Integrationsarbeit.

Was jetzt in Feldafing passiert, macht diese Arbeit zunichte. Denn die besagten Kinder gehen eben in Feldafing zur Schule und nicht in Herrsching oder Weßling. Sie haben hier Freunde gefunden, sind im Sportverein und ihre Väter arbeiten auch hier auf dem Bauhof oder in der Gastronomie. Integration ist neben Sprache und Werteverständnis auch eine räumliche Angelegenheit.

Der geplante Umzug der Asylsuchenden passiert auf Geheiß der Regierung von Oberbayern. Die Leute sollen jetzt zentral und nicht mehr dezentral untergebracht werden. Dieser Beschluss der Staatsregierung hat die Starnberger Linie durchkreuzt. Hier setzte man schon aus Integrationsgründen auf dezentrale Unterkünfte. Jetzt ist der Zuzug von Flüchtlingen gestoppt und die Containeranlagen stehen bereit. Warum sollte die Allgemeinheit also die angemietete Unterkunft an der Feldafinger Koempelstraße weiter bezahlen? Eine klare Rechnung. Trotzdem ist es ungut.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: