Kolumne:Bauherren und ihre Probleme

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Vor 280 Jahren ist das Marienmünster in Dießen geweiht worden. Das muss gefeiert werden - mit einem besonderen Ehrengast

Von Eurem Nepomuk

Mann, wie ich mich auf den Sonntag freue! Nach langer Zeit werde ich einen ganz alten Freund wiedersehen: Der Karg Herkulan hat zugesagt, persönlich zur 280-Jahr-Feier der Weihe des Dießener Marienmünsters zu erscheinen. Leute, ihr wisst ja, es ist nicht meine Art, hier alte Geschichten aufzuwärmen oder in nostalgischen Gefühlen zu schwelgen - so einen Schmarrn wie "früher war alles besser" werdet Ihr von mir nicht hören, das ist unter meiner Würde als unsterblicher Geist.

Aber bei aller Bescheidenheit sollte ich auch mal darauf hinweisen, dass ich früher noch mehr als heute ein total gefragter Typ war. Vor allem, nachdem mein Namensvetter 1729 heilig gesprochen wurde, hatte ich alle Hände voll zu tun. Von überall wurde ich angerufen: Nepomuk hilf hier! Nepomuk hilf dort! Klar, dass ich mich nicht mehr um alles selbst kümmern konnte, die meisten Anrufungen haben meine Sekretärinnen übernommen. Aber wenn der Karg Herkulan meine Unterstützung brauchte, hat er bei mir stets ein offenes Ohr gefunden. Ihr wisst schon, der war im Jahr zuvor der 34. Propst im Dießener Augustiner-Chorherrenstift geworden. 1732 hat er sich der herkulischen Aufgabe gestellt, die Kirche neu zu bauen, die heute als Marienmünster weithin berühmt ist. Was von den ersten Plänen bis zum letzten Seitenaltar 27 Jahre gedauert hat. Und schon deshalb eine Herausforderung war, weil daran viele sensible Künstler aus halb Europa beteiligt waren: der Cuvillies aus Belgien, der Schwede Desmarées, der Tiepolo aus Italien und so weiter. Der Herkulan hat am Ende das Kunststück wunderbar hingekriegt, dass alle für das große gemeinsame Werk Hand in Hand gearbeitet haben. Gut, dass er Latein konnte - eine Sprache, die ich ja auch leidlich beherrsche.

Ich verrate hier natürlich nicht, was mir der Propst in langen Nächten anvertraut hat. Schließlich ist Nepomuk nicht nur der Patron der Bayern, Böhmen und Brücken, sondern auch der Verschwiegenheit (Ja, da staunt ihr, was?) Aber ihr könnt den Herkulan ja am Sonntag selbst fragen: In der Ankündigung zur Jubiläumsfeier heißt es, er wird ein Interview geben über seine "Freuden und Leiden während der Errichtung des Marienmünsters". Wer immer Landrat wird und dann den Bau des Herrschinger Gymnasiums und anderer Großprojekte an der Backe hat, sollte sich diese seltene Gelegenheit nicht entgehen zu lassen, rät Euer Nepomuk

© SZ vom 07.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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