Jubiläum:Sieben Minuten Unsterblichkeit

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Mit einem künstlerischen Rückblick auf die vergangenen 25 Jahre feiert das Theaterforum Jubiläum. Das Zebra-Stelzentheater und die Puppet Players, Gerd Holzheimer und Ludwig Seuss sind mit dabei

Von Blanche Mamer, Gauting

Die rote Figur mit der spitzen Nase, von der Gautinger Künstlerin Rosemarie Zacher geschaffen, ist die Identifikationsfigur des Theaterforums. Als besteigbare Installation thront sie nun auf dem Vorplatz des Bürger- und Kulturhauses Bosco. Mit einem fulminanten Fest wird das 25-jährige Bestehen des Theaterforums gefeiert, einem Fest, dem auch der plötzlich grau verhangene Himmel am Freitag nichts von seinem Charme nehmen kann. Das Zebra-Stelzentheater von Rolf Kassalicky zieht eben kurzerhand vom Vorplatz auf die große Bühne um. Wie Elfen tanzen die vier Aliens mit ihren riesigen Gliedmaßen in glänzendem, transparent wirkendem Harnischen über die Bühne und stimmen das Publikum auf eine außergewöhnliche Show ein. "Traum und Wirklichkeit" zeigt Auszüge aus 25 Jahren Kulturevents.

Nach der Anmoderation durch den Schauspieler Alexander Netschájew sitzen plötzlich die Gautinger Mimen Matthias Friedrich und Sebastian Hofmüller auf einem improvisierten Balkon und erzählen, wie alles begann. Im Stil von Waldorf und Statler, den beiden alten Nörglern aus der Muppet-Show, erinnern sie über die Köpfe der Zuschauer hinweg an das "Diskursive Gutachten über Perspektiven einer kommunalen Kulturpolitik für die Gemeinde Gauting" vom März 1992. Dieser zunächst anonym veröffentlichte Text, als deren Verfasser schließlich der Hauptschullehrer Hans-Georg Krause und der spätere Theaterintendant Jens Groß ausgemacht wurden, erregte die Gemüter der Lokalpolitiker, brachte aber kein Ergebnis. Ein Jahr später ergriff Krause die Initiative und gründete das Theaterforum. Und schon 1994 organisiert er die ersten Theatertage in Gauting, damals noch im Theaterspielraum im Untergeschoss der Hauptschule, der den ganz eigenen Flair eines Kellertheaters hatte. Bei der Eröffnung dabei waren die Puppet Players. Eigens für das Jubiläumsfest haben Susanne Forster und Stefan Fichert das Stück "Damals, als die Seele noch unsterblich war" kreiert und es mit ihren magischen Figuren auf die Bühne gebracht, begleitet von Akkordeonspielerin Maria Reiter.

"Damals, als die Seele noch unsterblich war", heißt das Stück, das die Puppet Players extra für das Jubiläum inszeniert haben. Die Puppenspieler waren auch schon bei den ersten Theatertagen in Gauting dabei. (Foto: Arlet Ulfers)

Auf sieben Minuten sind die einzelnen Stücke verdichtet, wie Krause später verrät. Jede Sparte im Programm des Theaterforums ist vertreten: Schauspiel, Klassik, Jazz, Tanz, Literatur, Performance, Gespräch. Für die Sparte Klassik & Heimspiel kommt Babette Haag . Sie begeistert mit einem Percussion-Solo. Es folgt Schauspieler Stefan Hunstein mit dem leicht makabren "Theatermacher" von Thomas Bernhard. Dann kommt Alexander Netschajew mit der Studierzimmerszene aus Goethes "Faust". Jede Darbietung hat ihren ganz eigenen Stil und zeigt, wie vielfältig und faszinierend das Programm ist. Wie auch der Beitrag von Literat Gerd Holzheimer zeigt. Seine Begegnung mit der "Dame mit Hütchen" habe sich Krause ausdrücklich gewünscht, erzählt er. Es ist das treffende Porträt einer Gautinger Spaziergängerin, die niemand richtig kannte, aber alle erkannten.

Und dann kommt der Flügel zu Ehren: Ludwig Seuss und Eddie Taylor lassen mit ihren Blues und Jazz-Rhythmen die Bühne vibrieren und das Publikum bei "Eddies Boogie" auf den Sitzen rocken. Während draußen, vor den großen Fenstern, die Äste der Buchen immer stärker vom Wind gezaust werden, schwebt eine Schaukel von der Decke der dunklen Bühne. Tanja Weber, die erste Gewinnerin des Gautinger Literaturpreises setzt sich darauf und liest ihrem Beitrag über die Würm von damals. Es folgt Bettina Mittendorfer mit ihrer Version der Geschichte "Psyche" von Oskar Maria Graf. Die Sparte Tanz wird repräsentiert von Bettina Fritsche, sie glänzt mit ihrem Solo "Smile". Später ist sie als Choreografin des Tanzensembles "Immertanz" zu bewundern. Da öffnet sich die Rückseite der Bühne, und die Mitglieder der Gautinger Laiengruppe lugen in den Zuschauerraum, bevor sie auf der Bühne ihre neueste Performance vorführen. Eine eigene Theaterforums-Produktion war "Der Kontrabass" mit Schauspieler Stefan Wilkening, der einen Auszug daraus vorstellt.

Das Zebra-Stelzentheater stimmt auf die Show unter dem Motto "Traum und Wirklichkeit" im Gautinger Kulturhaus ein. (Foto: Arlet Ulfers)

Mit Videobotschaften von weiteren Künstlern, Besuchern und Kommunalpolitikern zeigt der Gautinger Jungfilmer Amos Ostermeier, wie die Kultur im Bosco eingeschätzt wird. "Kultur ist das, was und wie eine Gemeinde miteinander lebt", hatten Hofmüller und Friedrich anfangs rezitiert. So gesehen, ist das Leben gut in Gauting.

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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