Jubiläum:Aufstieg in die Oberliga

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Sein 200. Konzert feiert das Klassikforum, das von dem Architekten Rainer A. Köhler erfunden wurde und zu den anspruchsvollsten Musikreihen in der Region gehört

Von Wolfgang Prochaska, Gauting

Immer, wenn etwas Ungewöhnliches passiert, muss ein bisschen auch der Zufall mithelfen. "Alles ins Rollen brachte ein Konzertabend im Juli 1999 mit befreundeten Solisten der Berliner Philharmoniker, die mehr zufällig als geplant und mir zuliebe in die Gautinger Frauenkirche zum Konzertieren gekommen waren. Das Gautinger Publikum war begeistert, was die Pfarrei dazu bewog, mir eine kleine Konzertreihe zugunsten einer neuen Orgel anzuvertrauen." So schildert der Gautinger Architekt Rainer A. Köhler den Beginn jener Reihe, die sich pragmatisch "Gautinger Klassikforum" nennt, aber sich in ihrem Anspruch durchaus mit den Konzertmetropolen der Welt messen kann. Das Forum, man muss es so ausdrücken, ist Köhlers Erfindung und seit 17 Jahren seine Leidenschaft.

An diesem Freitag, 20 Uhr, feiert die Klassikreihe ein großes Jubiläum: Mit dem Auftritt des französisches Starquartetts Quatuor Ebéne, das zum zehnten Mal in Gauting gastiert, ist zugleich die Zahl 200 erreicht. Hinter dieser Zahl verbirgt sich die Tatsache, dass anspruchsvolle Musikkunst, so wie sie Köhler den Gautingern Jahr für Jahr serviert, ihr Publikum findet. Man kann allerdings nur ahnen, wie viel Arbeit und Tatkraft dahinter stecken muss, um solch ein Programm auf diesem Level zu halten. Gemessen daran, dass der Architekt Köhler - unterstützt bald auch vom Chef des Theaterforums, Hans Georg Krause - erst seit 1999 diese Konzerte veranstaltet und dabei durchwegs weltweit gefragte Spitzenmusiker - Newcomer wie Etablierte - in die Frauenkirche sowie seit einigen Jahren in das Kulturhaus Bosco lockt, ist die Zahl 200 mehr als überraschend.

Weil Köhler gerne rechnet und zählt, weiß er auch, wie viele Karten seit 1999 für die Konzertreihe verkauft worden sind: Mit dem Jubiläumskonzert am Freitag - es ist übrigens ausverkauft - werden es etwa 50 000 sein. Nun ist es nicht so, dass er die Star-Ensembles für eine happy few, für glücklich Wenige einlädt. Ganz im Gegenteil: Er möchte auch jenen den Musikgenuss zu teil werden lassen, die nicht zu den Gutverdienern gehören. Die Kartenpreise muss man angemessen, wenn nicht günstig nennen, angesichts der Qualität der Musiker und der Preise in der nahen Landeshauptstadt.

Was sehr selten ist, hat auch der Gautinger Architekt und Klassik-Impresario geschafft: Nicht die Provinz reist in die Metropole, sondern das großstädtische Publikum reist umgekehrt in die Provinz. Entsprechend schnell sind die Karten für die Konzerte vergriffen. Bis zum Bayerischen Rundfunk hat sich Köhlers leidenschaftliches Musiktreiben herumgesprochen. Mit 22 Konzertmitschnitten ist das Klassikforum im Radio zu hören gewesen, was insgesamt 45 Sendestunden bedeutet, wie Köhler gern ausrechnet. Man kann es so ausdrücken: Wer hochrangige Klassikensembles, Pianisten und Geiger hören will, der muss nicht unbedingt nach München, Wien oder Amsterdam fahren. Es genügt, dem Bosco einen Besuch abzustatten.

Die 17 Jahre Klassikforum haben aber auch ihren Erfinder geprägt. "Ich lernte, was wirklich wichtig ist, um ein Klassikprogramm auf hohem Niveau zusammenzustellen. Zunächst ist die Programmgestaltung für mich die interessanteste Aufgabe, um die Balance zu finden zwischen Streichern und Bläsern, jungen und renommierten Musikern, bekannten und weniger bekannten Werken und zwischen deutschen und internationalen Interpreten. Damit es zu keinen Wiederholungen kommt und die Reihe nicht ausbleicht, bemühe ich mich, Musikprogramme abseits des Allerweltsgeschmacks anzubieten", beschreibt er seine Aufgabe im Rückblick. Was bei ihm heißt: Er schaut schon lange nach vorn und arbeitet am Programm bis ins Jahr 2018.

Für das 200. Konzertjubiläum hat Köhler wieder zum Malstift gegriffen. Das hat bei ihm Tradition: Das erste Konzertprogramm zeichnete er ebenfalls mit der Hand. Das Plakat ist so ungewöhnlich und künstlerisch, wie derjenige, der es komponiert hat. Es ist nicht zu übersehen: Es hat eine Größe von sechs Meter Länge und zwei Meter Breite. Dass die Klassikreihe inzwischen beim 200. Konzert angelangt ist, ist vor allem einem Einzelnen zu verdanken: Ohne ihren künstlerischen Leiter und Mäzen Rainer A. Köhler wäre es nie so weit gekommen. Aber er wollte ja schon immer in der Oberliga der klassischen Musik mitspielen.

© SZ vom 08.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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