Hochzeiten wurden schon abgesagt:Patient Marienmünster

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In der Himmelskuppel des Kulturdenkmals und der Decke der Sakristei haben sich Risse gebildet - womöglich, weil Artemed nebenan saniert

Von Christian Deussing, Dießen

Die langen Risse in der berühmten Himmelskuppel des Marienmünsters in Dießen sind beunruhigend. Erneut muss die Statik geprüft und diesmal auch ein 21 Meter hohes Gerüst im Chorraum aufgestellt werden. Einige Hochzeiten wurden schon abgesagt. Die Gutachter untersuchen womöglich bis zum Frühsommer die Schäden im international bekannten Kulturdenkmal, um die Ursache finden. "Es ist für uns ein Super-Gau", sagt Kirchenpfleger Peter Keck von der Pfarrkirchenstiftung "Mariä Himmelfahrt". Es besteht jetzt der Verdacht, dass die Schäden mit dem Umbau des ehemaligen Augustinerstifts direkt nebenan zu tun haben. Bauherr sind die Artemed-Fachkliniken, die über die Situation "sehr bestürzt" sind.

Erst vor kurzem entdeckte der Kirchenpfleger auch noch einen vier Meter langen Riss in der Stuckdecke der 277 Jahre alten Sakristei. In den Holzboden darüber werden Räume für die geplante Rehaklinik eingebaut. Nun könnten zumindest diese Arbeiten mit dem Deckenriss in der Sakristei zu tun haben. Das sei "sicher kein Zufall", sagt Peter Aumann, Bereichsleiter des Staatlichen Hochbauamts in Weilheim. Seine Behörde hat angeordnet, dass im Bereich der Sakristei bis auf Weiteres "keine Erschütterungen" erlaubt sind. Zudem dürfe der Schaden natürlich nicht größer werden, betont Aumann. Sein Hochbauamt hat einen Statiker beauftragt - der Artemed-Bauherr aber einen eigenen ausgewählt. Man werde sich "größte Mühe" geben, das weit über die bayerischen Grenzen hinaus bekannte ehemalige Kloster "möglichst schonend und erschütterungsfrei zu renovieren und zu erhalten", betonte auf Anfrage die Sprecherin der Artimed-Gruppe, Leonie Ottmer.

Ihr Unternehmen habe alle beteiligten Firmen und deren Bauleiter angehalten, mit größter Sorgfalt darauf zu achten, dass keine Schäden in benachbarten Gebäuden entstehen, erklärt die Sprecherin und betont: "Uns liegt die Erhaltung des kultur- und kirchenhistorischen Marienmünsters sehr am Herzen."

Gleichwohl verweist Artemed darauf, dass nach bisherigen Erkenntnissen ein "direkter Zusammenhang" zwischen den Schäden im Münster und den Bauarbeiten im Kloster nicht nachzuweisen sei. Sollte sich aber herausstellen, dass diese Arbeiten mit den Schäden zusammenhängen, werde man sie "selbstverständlich beheben", teilte Artemed mit, das den einstigen Augustinerstift seit acht Monaten zu einer Reha-Klinik für 100 Patienten umbaut. Das Krankenhaus soll in diesem Herbst eröffnet werden.

Das Marienmünster ist aber zu einem akuten Problemfall geworden - und Aufklärung tut not. Kirchenpfleger Keck macht seit Wochen ständig seine Rundgänge im Gotteshaus und achtet penibel auf jedes verdächtige Detail an den Wänden und Decken. Der Stuck hat sich im Chorbogen teilweise schon gelöst und droht, in die Tiefe zu fallen. Der Altarbereich ist daher auch für den Pfarrer und Ministranten seit Ende Dezember gesperrt. Zu klären ist nun für die Experten, ob sich Risse vergrößert und geöffnet haben oder neue entstanden sind. Diese Analyse sei möglich, erläutert Keck, der nach eigenen Worten "schon im Marienmünster wohnt" - so oft sei er in dem Gebäude mittlerweile unterwegs. "Es ist derzeit stressig", sagt der Kirchenmann. Wie teuer die Sanierungen werden, kann er noch nicht sagen. Die Kosten könnten bei 50 000 oder auch 500 000 Euro liegen, das hänge von den Analysen und Gutachten ab, meint Keck.

Nicht nur für das Artemed-Unternehmen, sondern auch für die bischöfliche Finanzkammer in Augsburg und das Staatliche Hochbauamt Weilheim wird es sehr spannend, wer oder was für die maroden Stellen verantwortlich ist - und wer die Reparaturen zu zahlen hat. Das Bauamt hat jedenfalls schon alte Messprotokolle aus früheren Sanierungen aus dem Archiv geholt und will diese Daten jetzt mit den Rissbildern vergleichen. Es sei auch nicht auszuschließen, dass das Kirchengebäude "selbst in Bewegung" sei, sagt Hochbauleiter Aumann.

Sehr besorgt sind auch Kirchenbesucher und Kunstliebhaber. "Es haben uns bereits viele Zuschriften erreicht", sagt Kirchenpfleger Keck.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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