Herrsching:Wenn der Vater korrupt ist

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Gerhard Knülle galt als die graue Eminenz der Herrschinger CSU. Nun hat er mit "Gewissenskonflikte" eine Erzählung über Intrigen und Schiebereien von Politikern verfasst - Handlung und Personen sind frei erfunden. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Der vormalige Kommunalpolitiker Gerhard Knülle hat einen Jugendroman verfasst

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Als Gerhard Knülle im vergangenen Herbst nach mehr als vier Jahrzehnten überraschend aus dem Herrschinger CSU-Ortsverband ausgetreten ist, mochte keiner so recht glauben, dass sich der fast 80-Jährige aufs Altenteil zurückzieht. In der Tat hatte der ehemalige Werbefachmann längst ein neues Betätigungsfeld gefunden: Er möchte als Mentor die jüngere Generation für ehrliche und saubere Politik begeistern. Nachdem Knülle bereits Kinderbücher ("Die Detektive vom Baumhaus") geschrieben und den von Realschülern verfassten Fantasy-Roman "Schattenrisse" in seinem Gachenau-Verlag herausgegeben hatte, hat er nun sein erstes Buch in der Reihe "Jugend und Politik" veröffentlicht. "Gewissenskonflikt - wenn der Vater korrupt ist" heißt das Buch, das Knülle unter dem Pseudonym Ludger Enkel geschrieben hat.

Knülle weiß um Intrigen und Machenschaften der Politik, um Hinterstubengespräche, Vetternwirtschaft, um das "Hilfst du mir - helf ich dir". Er war lange genug aktiv in der Partei, hat Wahlkämpfe gemanagt und so einiges erlebt. Sein Roman aber ist fiktiv: "Handlung und Personen sind frei erfunden", versichert er. Das Thema ist brisant: Es geht um Schiebereien und Korruption. Beteiligt sind ein Abgeordneter, ein Chefarzt und ein Bauunternehmen, auch die Presse nimmt keine rühmliche Rolle ein. Doch der 17-jährige Sohn des Abgeordneten will den Machenschaften des Vaters nicht länger tatenlos zusehen. Der Heißsporn quält sich mit seinem Gewissenskonflikt, für den auch der Autor kein Patentrezept hat.

Der Jugendroman ist fast schon ein Politkrimi. Bei der Entwicklung seiner Handlung musste Knülle wohl nicht lange grübeln, angesichts der Vorlagen, die ihm das reale Leben gegeben hat. Zum Beispiel die Sache mit der nicht ganz so willfährigen Kreisvorsitzenden: "Die Hörster ist überkorrekt und nicht beeinflussbar...leider. Da haben wir bei ihrer Wahl zur Kreisvorsitzenden wohl nicht aufgepasst", bedauern zwei Parteifreunde. Im Kontrast dazu ist Sohn Lukas auf der Suche nach Sinn und Werten im Leben. "Gewissenskonflikt" ist ein Buch für junge Leser, der Autor versucht aber nicht, sich mit Jugendsprache anzubiedern. So klingen manche Dialoge der jungen Protagonisten ein bisschen antiquiert: "Mir geht mein alter Herr immer mehr auf den Geist", klagt etwa Lukas. Und seine Freundin Franzi fragt gespreizt: "Wie kann ich dir nur helfen, über deinen Schmerz hinweg zu kommen?" Aber dadurch wirkt der Autor auch authentisch. Nichts ist lächerlicher, als wenn Erwachsene mit "Hey Alter"-Attitüde "auf jung" machen. Das Buch kann man sich gut als Grundlage für den Ethik-, Religions- oder Sozialkundeunterricht vorstellen. Im Anhang hat Knülle Sachtexte zum Thema "Politikverdrossenheit" oder Lobbyismus angefügt. "Gewissenkonflikt" soll nicht das einzige Politik-Buch bleiben. "Ich habe in diesem Jahr mindestens noch einen weiteren Titel geplant", erklärt Knülle. Zudem bereitet er ein Buchprojekt mit einer Schulklasse vor.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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