Herrsching:Rondo im Kuhstall

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Die Sopranistin Juliane Banse tritt beim Eröffnungskonzert der Serenaden auf. (Foto: Claus Schunk)

Bei der zweiten Ammerseerenade sind 33 Konzerte an fast ebenso vielen ungewöhnlichen Spielorten geboten - in Pest- und Gruftkapellen, Bauernhöfen und dem Uttinger Bootshaus

Von Katharina Schöbi, Herrsching

Klassische Musik aus allen Ecken erklingt in der Ammerseeregion, wenn von 30. August bis 5. September das Klassikfestival "Ammerseerenade" in die zweite Runde geht. 33 Konzerte und Veranstaltungen werden in diesem Jahr während der sieben Festivaltage angeboten - an fast ebenso vielen Spielorten. Denn gleich am ersten Festivaltag öffnen 17 Kapellen privater Landgüter und Bauernhöfe ihre Türen und geben den Blick frei auf kleine architektonische Schmuckstücke, die sonst zum Teil für die Öffentlichkeit verschlossen bleiben.

Bei diesem Angebot hat man die Qual der Wahl: Da die Konzerte teilweise zeitgleich stattfinden, sollte man sich für eine der drei verschiedenen Routen entscheiden, die dann zum Beispiel zum Jakobskirchlein in Schondorf, zur Gruftkapelle von Pähl, zur Pestkapelle in Eching oder zu Maria Schnee in Aidenried führen. Das Programm dieser Reihe "Zwischen Himmel und See" haben Bewohner des jeweiligen Ortes und die Eigentümer der Kapellen selbst zusammengestellt, entsprechend unterschiedlich dürften die Beiträge an den diversen Stationen sein. Je nach Ort und Möglichkeit gibt es auch einige Leckerbissen vom Hof oder aus der Umgebung.

So regional geprägt dieser Premierentag beginnt, so international geht er zu Ende: Ein Konzert mit der prominenten Sopranistin Juliane Banse, dem jungen französischen Cellisten Charles-Antoine Duflot und den Musikerinnen und Musikern der Academy of Taiwan Strings rundet diesen Tag "der Kirchen" in der großen Klosterkirche St. Ottilien ab. Aber nicht nur Gotteshäuser werden zum Konzertsaal umfunktioniert. Im Bootshaus in Utting kann man Klaviersonaten und Operetten-Highlights bei einem Abendessen genießen, in der Scheune beim Saxenhammer in Hechenwang spielt das weltbekannte Szymanowski-Quartett, und auch die gute Akustik im Braunviehstall des Staatsgutes Achselschwang wird genutzt. Dort finden neben einer Ausstellung von Bildhauern aus der Gegend täglich die "Happy Classic Hours" statt: Junge Talente aus Deutschland spielen - mitten im Kuhstall - auf einem knallroten Steinway-Flügel. Zuhören kann ihnen dabei jeder kostenlos.

Einen kleinen Vorgeschmack auf das Festival gibt es schon am Sonntag, 2. August, beim Familien-Picknickkonzert im Innenhof des ehemaligen Klosters St. Vinzenz in Dießen. Mit Musik "als Sprache des Friedens" soll auf die seit Jahrhunderten gewachsenen deutsch-russischen Kulturbeziehungen aufmerksam gemacht werden - auch in politisch schwierigen Zeiten. Unter freiem Himmel spielen junge Musiker des Mariinsky-Theaters St. Petersburg, der Berliner Universität der Künste und der Berliner Hochschule für Musik Hanns Eisler zusammen "Die Jahreszeiten" des russischen Komponisten Peter Iljitsch Tschaikowsky, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 175. Mal jährt. Wer nun an vier Jahreszeiten wie bei Antonio Vivaldi denkt, irrt: Den selten zu hörenden Klavier-Zyklus schrieb Tschaikowsky für die monatlich erscheinende Petersburger Musikzeitschrift "Nouveliste" von Nikolai Bernhard, jedem Monat ist also ein kleines Stück gewidmet. Beim Picknick werden die Monate noch durch Texte und Gedichte russischer Schriftsteller ergänzt.

Spätestens wenn das Janoska Ensemble, das schon im Wiener Musikverein, am Sydney Opera House oder in der New Yorker Carnegie Hall auftrat, im Kloster Andechs zu hören ist, stellt sich vielleicht mancher die Frage, was denn hinter diesem kleinen Organisationsteam "Kultur am Ammersee" steckt. Informationen dazu sowie das gesamte Programm des Festivals sind im Internet unter www.ammerseerenade.de zu finden. Auch Tickets sind online erhältlich.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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