Internationaler Jugendworkshop am Ammersee:Neue Perspektiven

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Wollen etwas für ihre Heimatländer tun: Die jungen Teilnehmer des Internationalen Workshops der Landjugend in Herrsching mit Mona Knesebeck. (Foto: Treybal)

Das internationale Seminar der Landjugendarbeit versucht Schülern aus aller Welt Führungskompetenzen zu vermitteln, um sie für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Landes stark zu machen

Von Lilly Werny, Herrsching

Bunt und lebendig wirkt die Eingangshalle des Hauses der bayerischen Landwirtschaft an diesem Morgen. Junge Menschen stehen in Grüppchen beieinander, genießen ihre Pause und unterhalten sich auf deutsch, englisch und französisch. Manche von ihnen tragen lange, bunte Gewänder, andere T-Shirt und Jeans. Alle Hautfarben und Nationen scheinen vertreten zu sein.

Zum 27. Mal findet das internationale Seminar der Landjugendarbeit dieses Jahr statt. Ziel ist es, den Schülern Führungskompetenzen zu vermitteln, Innovationen für neue Projekte zu schaffen und ein internationales Netzwerk aufzubauen. Noch bis zum 25. August werden sie in Herrsching zu Gast sein und Aktionspläne für konkrete Projekte schreiben. Fast 100 junge Führungskräfte nehmen teil. Sie gehören Organisationen aus aller Welt an, die sich für die wirtschaftliche Entwicklung in ihrem Land stark machen.

Einer von ihnen ist Nur Mohamed. Er findet es toll, von anderen zu lernen und neue Freundschaften zu schließen. Der 23-jährige Somali spricht über die Probleme in seiner Heimat Somalia. Das Bildungsniveau ist dort sehr schlecht, Armut und Arbeitslosigkeit sind groß. Das treibt viele Menschen in die Hände von Terroristen, die den Leuten Geld für die Teilnahme an Kämpfen und Überfällen bieten. Die Organisation Youth of Agro-Marine Development Association (Yamda), für die Mohamed arbeitet, versucht das zu ändern, indem sie den Somali mit Fischerei und Landwirtschaft eine Perspektive bietet. Yamda vermittelt ihnen moderne Anbaumethoden, stellt Materialen und unterstützt sie so beim Aufbau eines funktionierenden Marktes. "Wir ermutigen andere, zu arbeiten", sagt Mohamed. Mithilfe eines Stipendiums macht er gerade seinen Master im Fach Cultural Studies an der Universität Dortmund. Danach möchte er zurück in seine Heimat, um weiter gegen Arbeitslosigkeit und Armut zu kämpfen.

Nach und nach ziehen sich die Teilnehmer in ihre Kursräume zurück, die Pause ist vorbei. In der Eingangshalle malen sie mit ihren Händen Striche in die Luft, formen Vierecke und gestikulieren. Was auf den ersten Blick seltsam wirkt, macht auf den zweiten Blick durchaus Sinn: Werner Michl, Professor für Sozialwissenschaften an der Universität Nürnberg, möchte seinen Schützlingen beibringen, Strategien zu entwickeln, zu delegieren und miteinander zu kommunizieren. Hierfür müssen die Schüler gemeinsam Aufgaben lösen und einander Anweisungen geben, dürfen aber nur auf eingeschränkte Weise miteinander kommunizieren. Einige dürfen nicht miteinander sprechen und müssen durch Gesten interagieren, andere haben die Augen verbunden und sind auf verbale Aufforderungen angewiesen. Michl unterrichtet seit 20 Jahren beim Internationalen Seminar der Landjugendarbeit. "Wann kann man schon mit Jugendlichen aus der ganzen Welt zusammenarbeiten?", sagt er. Die vielen Nationen und Kulturen seien eine Quelle der Inspiration.

Das findet auch Dann Diez von den Philippinen. Fragt man ihn nach dem Seminar, spricht er von den Menschen aus aller Welt, von denen er lerne und mit denen er sich vernetze. Sie tanzen und singen und unterhalten sich, sagt er. Auch der Ausflug auf den Ammerseer Nachtmarkt habe ihm sehr gut gefallen. Neben Diez steht eine schwangere Frau, er zeigt auf ihren Bauch, dann auf seinen. "Selber Monat", sagt er lachend, "als ich herkam, war mein Bauch noch flach. Aber bayerisches Essen ist köstlich." Bei dem Seminar geht es eben nicht nur um das Lernen, sondern auch um Kultur, Spaß und Freundschaft.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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