Herrsching:Interkultureller Treffpunkt

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Feierten vor dem Herrschinger Kino: Musiker, Einheimische und Flüchtlinge, die künftig das Café Blabla besuchen. (Foto: Georgine Treybal)

Das Café Blabla im Foyer des Kinos Breitwand ist neue Begegnungsstätte für Einheimische und Flüchtlinge

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Es sind große Vorbilder, denen das Café Blabla im Foyer des Herrschinger Breitwandkinos seine Existenz verdankt. Das Cabaret Voltaire in Zürich, in dem sich ab 1916 Exilanten trafen, ist ein solches Vorbild. Der Herrschinger Claus Wecker hatte im Breitwand außerdem den Film über das Café Ta'amon in Jerusalem gesehen. Deutsch-jüdische Emigranten hatten im Zweiten Weltkrieg den Treffpunkt für Intellektuelle und politisch Aktive gegründet. Wecker war beeindruckt und traf in Johanna de Luz, Leiterin des interkulturellen Helferkreises, eine Gleichgesinnte, die ebenfalls seit längerem ein solches Begegnungscafé realisieren wollte. Das Herrschinger Pendant soll "eine Anlaufstelle werden, in der Flüchtlinge auf Einheimische treffen", erklärte Silvana Prosperi vom Café-Team. Hier soll das Deutsch aus den Sprachkursen geübt, aber auch Probleme besprochen oder Kontakte geknüpft werden.

Vergangenen Dezember wurde der Vorläufer des jetzigen Cafés in der Herrschinger Insel eröffnet. Jeden Sonntag trafen sich hier Einheimische und Flüchtlinge. Das Ganze war allerdings viel zu eng, verströmte auch kein Café-Flair und war "viel zu wenig", sagte Jawad Ahmadi. Der Afghane ist seit fünf Monaten in Deutschland und kann sich schon recht gut auf Deutsch verständigen. Er freut sich, dass er jetzt mehrmals in der Woche zum Tee trinken ins Breitwand kommen kann. Kostenlos wie in der Herrschinger Insel sind die Getränke aber nicht mehr. "Das ist schließlich ein richtiges Café", sagt Helferin Silvana Prosperi. Die Preise sind zivil: Ein Euro für Tee und Espresso. "Unser Angebot hier ist das Gespräch", so Prosperi. Bei der Eröffnungsfeier ist der Vorplatz vor dem Kino voller Menschen, die sich an Biertische setzen und sich die Köstlichkeiten vom Buffet schmecken lassen. Neben Quiche und Lachsröllchen gibt es internationale Speisen, die von den Flüchtlingen mitgebracht wurden. Irakisches Halouwat zum Beispiel, ein in dünnen Strängen ausgebackener Teig, den man in Zuckerwasser tunkt. "Das ist doch kalter Hund", ruft eine Besucherin angesichts der aus Kakaocreme und Biskuitteig bestehenden Kuchenrolle. Anwar hat diese Süßspeise zubereitet, die in ihrer Heimat einen anderen Namen hat. Die junge Palästinenserin wird von Claus Wecker herzlich begrüßt. Seit 2,5 Jahren ist sie in Deutschland und hat immer noch keine Antwort auf ihren Asylantrag. "Es ist nicht einfach", sagt sie. Der Café-Besuch bringt positive Abwechslung in den Alltag. "Alle Leute sind hier sehr happy", freut sich die junge Frau. Silvana Prosperi kann das bestätigen. "Wir sind eine witzige Gruppe", betont sie. Besonders gefällt ihr, dass das Team selbst organisiert agiert. "Wir sind unabhängig von einem Verein oder Behörde".

Aus dem Kinosaal ist bei der Eröffnung großes Gelächter zu vernehmen. Auf der Leinwand laufen Charlie-Chaplin-Filme. Die Stummfilme verstehen alle, egal, ob sie Tigrinya, Farsi, Arabisch, Paschtu oder Deutsch sprechen. Musik gibt es auch: "Groxi und die Lieben" spielen Weltmusik, Silvana und Thomas Prosperi singen Balladen. Von den Flüchtlingen kommt Malik Sharif mit seinem orientalischen Saiteninstrument auf die Bühne. Das Café hat mittwochs von 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 10 bis 14 Uhr und freitags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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