Herrsching:Gitter und Gabionen

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Tristesse in Gärten zeigt eine Ausstellung im Naturschutzzentrum Wartaweil

Von Armin Greune, Herrsching

Vor mehr als 35 Jahren schrieb Dieter Wieland mit "Grün kaputt" Mediengeschichte: Fernsehsendung, Buch und Ausstellung unter diesem Titel dokumentierten bildgewaltig das Verschwinden der Natur aus Landschaft und Gärten der Deutschen. Wielands poetisch-kritische Auseinandersetzung mit Kahlschlägen, Betonwüsten und Krüppelkoniferen erregte zur Hochzeit der Diskussionen um das Waldsterben viel Aufsehen. Doch eine nachhaltige Wirkung bis in die Ära des Insektensterbens scheint sie nicht entfaltet zu haben. Diesen Eindruck gewinnt zumindest, wer die Fotoausstellung besucht, die nun im Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil zu sehen ist: In "Tatort Garten - Ödnis oder Oase" werden aktuelle Positiv- und Negativbeispiele bei der Gestaltung des häuslichen Umfelds präsentiert.

"Blickdicht sei der Gartenzaun, denn er verbirgt so manches Grau'n": Jedes der 27 großformatigen Fotos wird nur von einem knappen Merksatz begleitet, die Bilder sprechen für sich. Hinter zwei Meter hohen Brettern, Eisengittern oder Gabionen (mit Schotter gefüllten Stahlkäfigen) verbergen sich Gärten, die als Lebensraum für Wildpflanzen, Insekten und Kleintiere völlig ungeeignet sind und auch Menschen eher nicht zum Verweilen einladen. Zum Kontrast werden romantisch verwildert wirkende Idylle präsentiert, die den Anschein erwecken, als wolle das bunte Leben aus den Plakatwänden hervorquellen.

Die Exponate wirkten polarisierend, sagte Axel Schreiner, Leiter der Einrichtung des Bundes Naturschutz (BN) zur Eröffnung: "Doch damit, dass wir Menschen mit einer Vorliebe für Beton an den Pranger stellen, erreichen wir nichts." Deshalb wird die Ausstellung mit einem Büchertisch ergänzt, der die Besucher mit Informationen zur naturnahen Gartengestaltung versorgt; von der kostenlosen Broschüre zum Mitnehmen bis zur opulenten Fachliteratur zum Nachschlagen.

Mit dem großen Erfolg des Volksbegehren sei das Bewusstsein für die Artenvielfalt erwacht. Aber auch wenn die Landwirtschaft mit 44 Prozent den größten Teil der Flächen in Bayern bewirtschaftet, dürften sich Kommunen, Firmen und Gartenbesitzer nicht aus ihrer Verantwortung stehlen, fand Schreiner: Das private Grün am Wohnhaus bedecke immerhin auch vier Prozent der Landesfläche. "Das Thema ist in der Gesellschaft jetzt gut angekommen", meinte Jürgen Ehrhardt, Fachberater für Gartenbau im Landkreis Starnberg, bei der Auftaktveranstaltung. Und Helene Falk vom BN Starnberg führte die hohe Beteiligung beim Volksbegehren im Fünfseenland darauf zurück, dass man dort noch Naturschönheiten erleben könne. Doch sei zu befürchten, "dass nun eine Generation heranwächst, die noch nie artenreiche Wiesen gesehen hat".

Die Ausstellung hat die BN-Kreisgruppe Landshut vor drei Jahren gestaltet, sie war zunächst als einmaliges Ereignis geplant. "Uns hat's einfach grauenhaft gegraust", erzählte Heinrich Inkoferer, der die Fotos gemacht hat. Alle Motive fand er in Landshut und Umgebung, wo auch Dieter Weiland aufgewachsen ist. Der Journalist hielt folglich dort vor zwei Jahren die Eröffnungsrede zu "Tatort Garten": "Wir sind nicht weiter als 1983. Es ist alles schlimmer geworden", lautete sein pessimistisches Fazit.

Inkoferer sah in Wartaweil aber auch Anlass zum Optimismus: "Eigentlich sehnen sich die Menschen nach grün, schon das Auge ist darauf programmiert." Mut mache auch der Erfolg der Ausstellung: "Wir haben damit wohl den Nerv der Zeit getroffen", glaubt er. Seit dem vergangenen Sommer sei "Tatort Garten" permanent unterwegs, bis November bereits lückenlos ausgebucht. Im neuen Seminargebäude des Naturschutzzentrums mit der Adresse Wartaweil 77 ist sie bis zum 19. April jeweils montags bis freitags von 8.30 bis 17 Uhr zu besichtigen.

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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