"Lost in Bavaria" auf der Bühne:Ehrlicher Sound, locker und geil

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Auch ohne Schlagzeuger eine Wucht: "Lost in Bavaria" rockten das Herrschinger Kurparkschlösschen. (Foto: Nila Thiel)

Die Country- und Westcoast-Rockband "Lost in Bavaria" verzückt ihr Publikum im Herrschinger Kurparkschlösschen: Auf der Playlist stehen eher unbekannte Klassiker und viel Spaß beim Musizieren

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Ein wenig ehrfürchtig waren sie doch, Michi Gartner, Wolf Markgraf und Pie Dültgen von der Band "Lost in Bavaria". Der Auftritt der Country- und Westcoast-Rockband mit Musikern, die sich aus ganz Deutschland nach Bayern "verloren" haben, fiel nämlich aus dem üblichen Programm des Kurparkschlösschens. Zwischen Dichterlesung und Barockkonzert hatte Kulturvereinsvorsitzende Margit Metz die Band ins Halbjahresprogramm gepackt. "Es ist ein Experiment", gab sie zu. Und es ist gelungen: Zwar waren die Stühle lockerer gestellt als sonst. Aber diejenigen, die gekommen waren, kamen auf ihre Kosten. "Sehr, sehr geil", urteilte eine Zuhörerin, nach dem San Francisco Bay Blues.

Es waren zwar nicht gerade die Worte, die normalerweise durchs ehrwürdige Kurparkschlösschen tönen, aber sie passten. Die drei Gitarristen, die an diesem Abend ohne ihren erkrankten Schlagzeuger spielten, sind ein eingespieltes Team. Die Einsätze waren perfekt aufeinander abgestimmt. Die Zwei- und Dreistimmigkeit kam spielerisch daher. Immer wieder gab es Soloparts, in denen Wolf Markgraf die Coversongs mit raffinierten Gitarrengriffen und ausgefeilten Läufen aufpeppte.

Alle drei haben gute Stimmen, was besonders bei den dreistimmigen Stücken super klang. Viel Country, Rock und Blues standen auf ihrer Playlist. Darunter Klassiker wie Johnny Cash, J. J. Cale, aber auch Entdeckungen wie die früheren Lieder des späteren Punkrockers Eddie Spaghetti. Bei der Auswahl der Stücke hatte die Band Wert darauf gelegt, dass die Songs eher unbekannt sind: Auf Reißer wie "Walk my line" oder "Ring of fire" von Johnny Cash wurde verzichtet. Die Alternativen klangen aber auch nicht schlecht. "Teach your Children" von Crosby, Stills and Nash bildete eine Ausnahme. Diesen Klassiker hatten die drei erst vor kurzem anlässlich eines Benefizkonzerts für Flüchtlinge mit überwältigendem Erfolg gespielt und deswegen gleich auch in Herrsching angestimmt.

"Ehrlicher Sound", so wird die Art des Musizierens von Bands wie den "Lost in Bavaria" gerne genannt. "Ehrlich", weil die Musik ohne viele Hilfsmittel auskommt und weil bei den Musikern weniger Erfolg und Effekte, sondern mehr der Spaß am Musizieren im Vordergrund steht. Obwohl - Effekte gibt es bei den "Lost in Bavaria" auch. Bei Pie Dültgen bekam der Begriff "Wechselbass" eine ganz neue Bedeutung. Er wechselte von Bass zu Bass, wobei eines seiner Bassinstrumente eine Ukulele war. Mit Basssaiten bestückt und ohne Bünde hat sie dem Musiker originelle Möglichkeiten des Spielens beschert.

Rund um den Ammersee sind die Musiker schon oft aufgetreten. Regelmäßig sind sie etwa in der Musikkneipe Inninger Spektakel zu Gast. Von dort waren Fans nach Herrsching gekommen, die den artigen Applaus mit Pfiffen und Rufen aufpeppten. Als Zugabe musste Michi Gartner eines seiner Seemannslieder zum Besten geben. Freddy Quinns "Die Gitarre und das Meer" mit dem von den Bandmitgliedern gehauchten "Juanita, Anita"-Refrain ist zugegebenermaßen reiner Kitsch, trotzdem einfach herrlich. Passend wäre übrigens auch ein alter Rudi-Schuricke-Gassenhauer gewesen: Der Sänger hat nämlich von 1955 bis 1973 in Herrsching gelebt und mindestens so schnulzige Lieder gesungen. Zu guter Letzt stellten die drei die Verstärker ab und spielten die letzte Zugabe, den "Rausschmeißer", unplugged - auch das ein Markenzeichen von "Lost in Bavaria".

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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