70  Jahre Schindlbeck:Die Klinik-Zwiebel

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Seit 70 Jahren gibt es das private Krankenhaus Dr. Schindlbeck in Herrsching. Immer wieder sind die Gebäude in den vergangenen Jahrzehnten erweitert worden, und es kamen neue medizinische Sparten hinzu. Heute betreuen die 200 Mitarbeiter pro Jahr durchschnittlich 5000 Patienten

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Der damalige Herrschinger Bürgermeister Rehm war es, der 1945 den Facharzt für Innere Erkrankungen, Robert Schindlbeck, bat, sich in Herrsching niederzulassen. "Sie konnten während der letzten zwei Jahre als Leiter der Ausweichklinik Dr. Müller in Hechendorf durch Ihre Klinik- und Konsiliartätigkeit gerade in schweren Fällen sehr große Dienste leisten und manches Menschenleben retten", hieß es in dem Schreiben. Der Brief ist heute Teil einer Dokumentation über die vergangenen 70 Jahre. Mit einer Feier zu der Klinikmitarbeiter, Partner und Ärzte eingeladen waren, beging die Privatklinik Dr. Robert Schindlbeck das Jubiläum.

Chefarzt Peter Sautner (li.) feiert das Klinik-Jubiläum mit den Medizinerinnen Waltraud Weigel und Gabriela Wich-Reif (re.) und Bürgermeister Christian Schiller. (Foto: Georgine Treybal)

1946 hatte Schindlbeck die repräsentative Reinhardt-Villa am Ammersee übernommen und die Privatklinik eröffnet. Es waren schwierige Anfangsjahre, berichtete der derzeitige Geschäftsführer und Sohn des Gründers, Robert Schindlbeck. Der Vater musste bei den Bauern um Kartoffeln für die Patienten betteln. Kühe, Ziegen, Hühner hielten die Schindlbecks auf ihrem Grundstück in Hechendorf für die Klinik, und Gemüse bauten sie an. 1948 entstand das erste Nebengebäude. Heute hat sich das Ganze von der Villa zu einem Klinikkomplex mit vielen Anbauten gemausert. 200 Arbeitsplätze gibt es und im Jahr werden 5000 Patienten mit einer Verweildauer von durchschnittlich sechs Tagen betreut. Dazu kommen 6000 Dialysen. Schindlbecks Erfolgsrezept lautet: "Wir sind bis heute ein Familienbetrieb". Geschwister und Familienangehörige seien in der Klinik beschäftigt.

Robert Schindlbecks Vater hat die gleichnamige Privatklinik im Jahre 1946 eröffnet. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bei einem Rundgang stellt Chefarzt Peter Sautner die Klinik vor. Wie eine Zwiebel" sei sie immer wieder erweitert worden und umfasst nun unter anderem das Herzkatheterlabor, die Gastroenterologie, die Dialyseabteilung mit dem Blick ins Grüne, die Intensivmedizin, Radiologie - es gibt sogar drei Luxus-Suiten mit Seeblick für Selbstzahler, die mehr an Hotelzimmer als an Krankenhaus erinnern. Besonders interessiert am Rundgang war Waltraud Weigel. Die Ärztin hatte 1969 die Nuklearmedizinische Abteilung gegründet. Bei einem längst renovierten Raum blieb die mittlerweile 86-Jährige stehen: "Da war mein erstes Sprechzimmer" und vor einer Schrankwand erklärte sie: "Da waren die radioaktiven Substanzen drin". Auch Bürgermeister Christian Schiller war als Rettungssanitäter in der Schindlbeck-Klinik tätig gewesen. "Erinnern Sie sich wie wir bei einer Feuerwehrübung auf der Drehleiter gestanden sind?", fragte er die renommierte Ärztin. Diese konterte: "Erinnern Sie sich wie es mal wirklich in der Klinik gebrannt hatte?" Aber vor allem medizinisch hat sich im Laufe der Jahrzehnte einiges geändert. Unter anderem hat die Klinik 2005 die Kardiologie als Schwerpunkt eingeführt. "Über 12 000 Schrittmacheroperationen ohne Probleme", berichtete Chefarzt Achim Rotter stolz. In den nächsten Monaten wird die Klinik als neue Dienstleistung die Elektrophysiologische Untersuchungen (EPU) anbieten.

Klein hat sie angefangen vor 70 Jahren, die Schindlbeck-Klinik in Herrsching. Und sie wuchs und wuchs. (Foto: Georgine Treybal)

Viel zu tun gab es damals wie heute. Waltraud Weigel erinnerte sich an die "guten Leberkäs-Semmeln", die man damals kaufen konnte, "wenn man nicht viel Zeit zum Essen hatte". Beim Jubiläum kredenzte die Klinikküche freilich ein feineres Menü mit Blattsalaten und Riesengarnelen, Kalbsrückensteaks mit Spargel sowie Champagner und gute Weine zum Anstoßen.

Den feierlichen Anlass nutzte Jan Schlüchter, Vertreter des neuen Gesellschafters der Klinik, um das Unternehmen und dessen Pläne in Herrsching vorzustellen. 2015 hat die amerikanische Firma Myriad die Klinik übernommen. "Wir sind seither bewusst nicht aktiv aufgetreten", erklärte Schlüchter. Radikale Veränderungen soll es in der Schindlbeck-Klinik nämlich nicht geben. "Wir mischen uns nicht ins Tagesgeschäft ein". Allerdings soll in Herrsching der Bereich genetische Tests und Beratung in Bezug auf erbliche Krebserkrankungen ausgebaut werden. Myriad forscht seit 25 Jahren zu diesem Thema und hat wissenschaftliche Tests entwickelt, mit denen sich die erbliche Veranlagung diagnostizieren lässt. Warum das Unternehmen die Klinik übernommen hat? "Wir wollten Teil des Systems sein und nicht nur Lieferant eines Tests". Ab Juli bietet die Schindlbeck-Klinik Tumorrisiko-Sprechstunden in der Klinik an. Die Genanalysen werden mithilfe der Myriad-Tests vom MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum für Molekular Diagnostik) in Martinsried vorgenommen. Einen kurzen Einblick in die Arbeit des Speziallabors gaben die MVZ-Vertreter Stephan Niemann und Heinz Oehl. Eine erbliche Vorbelastung für bestimmte Krebsarten, die bereits in der Familie vorgekommen sind, können sie genetisch nachweisen.

Trotz aller Ideen und Pläne mahnte Schindlbeck, dass die Herrschinger Klinik nicht allein stehe, sondern im Verbund mit den anderen Krankenhäusern in der Region gesehen werden müsse. Mit Augenmaß müsse darauf geachtet werden, dass die Existenz der einzelnen Häuser erhalten werden könne. Dafür müssten die Schwerpunkte abgestimmt werden. Eine besondere Verbundenheit gilt der Seefelder Klinik. "Die kommenden, sicher schwierigen Zeiten wollen wir im Dialog meistern", versprach Robert Schindlbeck im Rahmen der Feier.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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