Herrsching:"Anders denken, planen und fahren"

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Beim Elektro-Mobilitätstag in Herrsching wird die Werbetrommel für E-Autos gerührt. Bislang ist die Nachfrage bei Privatleuten allerdings gering

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Die Szene ist fast vollständig versammelt am ersten Elektro-Mobilitätstag des Landkreises in Herrsching. Landrat Karl Roth ist mit seinem E-Auto gekommen, Johann Oberhofer, Prokurist der VR- Bank führt seinen Elektro-Wagen vor, andere kommen mit E-Bikes, E-Rollern und sogar mit einer kleinen E-Bahn, die Fahrten für Kinder anbietet. Der Herrschinger Bürgermeister Christian Schiller schwärmt von seinen Erfahrungen mit dem E-Golf der Gemeinde, und Weltrekordler Michael Willberg aus Tutzing, der in 48 Stunden 4000 Kilometer elektrisch gefahren ist, beantwortet die Fragen der Moderatorin. "On the Road again", spielt der Weßlinger Musiker Eric Berthold, der ebenfalls mit einem kleinen E-Auto angerollt ist.

Für die Gäste haben die Aussteller aus der Region alle möglichen E-Fahrzeuge dabei. Zum Beispiel kleine vierrädrige offene Gefährte, die mit ihren 15 Stundenkilometern besonders für ältere Leute und für kurze Strecken geeignet sind, kultige E-Roller im Retro-Look, Elektro-Schiffe, -Zwei und Dreiräder sowie Autos vom offenen Twizzy bis zum etwa 100 000 Euro teuren Tesla, dem "Bentley unter den E-Autos" wie Verkehrsmanagerin Susanne Münster ehrfurchtsvoll betont.

Mit seinen 500 Kilometern Reichweite pro Batterieladung, dem Touchscreen-Display und den automatischen Wlan-Updates, die dem Fahrzeug in der vergangenen Woche beispielsweise einen kostenlosen PS-Upgrade bescherten, lässt ein Tesla zwar technisch gesehen keine Wünsche offen - aber für den stolzen Preis scheint im Landkreis derzeit noch kaum einer gewillt zu sein, sich ein solches Fahrzeug anzuschaffen.

Derzeit gibt es 119 angemeldete E-Autos im Landkreis Starnberg, weiß Münster. Das ist immerhin eine Verdoppelung seit dem 31. Dezember 2013. Angesichts der Gesamtzahl von rund 90 000 Fahrzeugen mit Starnberger Kennzeichnen ist es aber doch eine verschwindend geringe Zahl. "Bei den Privatleuten haben wir null Nachfrage nach E-Autos", gibt Dieter Klotz zu, Verkaufsleiter beim Weßlinger Autohaus Widmann. Die wenigen Kunden, die sich doch für ein Elektro-Auto entschlossen hätten, seien Firmen und Kommunen, die in ihren Fuhrparks ein E-Auto aus Imagegründen mitlaufen lassen würden. Hauptproblem sei das Stromtanken. "Wenn ein Mitarbeiter das Aufladen am Abend vergessen hat, dann steht das Fahrzeug am nächsten Morgen still." Diese Unsicherheit würde viele abschrecken. Ein Umdenken wird es seiner Meinung nach erst geben, wenn die Fahrzeuge eine sichere Reichweite von 200 Kilometern erreichen und mit Schnellladebatterien ausgestattet sind.

Natürlich spielt auch der Preis eine Rolle. Doch wer bereits ein E-Auto besitzt, der sei auf jeden Fall begeistert. "Ein tolles Fahrgefühl", schwärmt zum Beispiel Oberhofer. Ruhig sei es, entspannend und mit etwa 2,50 Euro Stromkosten pro 100 Kilometer auch sehr günstig. Wer elektrisch unterwegs sei, müsse eben "anders denken, planen und fahren", stimmt Münster zu. Ein E-Auto als Zweitfahrzeug, mit dem Eltern zum Einkaufen fahren und ihre Kinder kutschieren, wäre eine Option für den Landkreis.

"Wir müssen Elektrofahrzeuge im Landkreis sichtbar machen", sagt die Verkehrsmanagerin Münster. Aktionstage wären aber zu wenig, um ein Umdenken zu bewirken, meint Rainer Sauerwein, Vorstand der Energiegenossenschaft Fünfseenland. Seine Forderung nach einem kommunalen Sachbearbeiter für Energie in Herrsching,sei allerdings bisher immer abgelehnt worden.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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