Heimatbuch:Breitbrunn und seine vielen Geheimnisse

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Ortsgeschichtsforscher Robert Volkmann beschreibt in seinem 460 Seiten dicken Band die Entwicklung des kleinen Ortes am Ammersee

Von Patrizia Steipe, Breitbrunn

Es umfasst 460 Seiten, hat 370 Bilder und wiegt 1,2 Kilogramm: Die Rede ist von dem neuen Heimatbuch "Breitbrunn am Ammersee". Herausgeber ist der Arbeitskreis Heimatbuch. Der Verfasser ist der Ortsforscher und ehemalige Geschichtslehrer Robert Volkmann. In monatelanger Recherche hat er unzählige Dokumente, Schriften, Fotos, Zeitungsberichte und mündlich überlieferte Geschichten in dem Werk zusammengefasst, überprüft und in einen Bezug zur Jetztzeit gestellt. Diese Fleißarbeit wird in den etwa 900 Anmerkungen sichtbar.

"Wissenschaftlich fundiert, aber auch humorvoll gehalten" sei das Werk, lobt der Arbeitskreis. Die Idee zu dem Buch wurde Ende der 1990er Jahre von Herbert Breitenberger am Stammtisch des Schützenvereins geboren. Realisiert wurde es aber erst jetzt. Im Rahmen der Forschungen hat Volkmann Vermutungen über die Ortsgeschichte konkretisiert. Lange Zeit mutmaßte man, dass die erstmalige Erwähnung von Breitbrunn im Jahr 1098 erfolgt sei. Diese Annahme sei falsch, so Volkmann. Die betreffende Urkunde habe sich auf einen anderen Ort bezogen. Der Ammersee-Ort wurde dagegen erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1266 erwähnt und zwar in einem schauerlichen Zusammenhang. Da Bayernherzog Ludwig seine Frau aus Eifersucht hingemetzelt hatte, musste er Buße tun und unter anderem seine Besitztümer an der alten Pfarrei Breitbrunn dem Kloster Dießen schenken. Dies bestätigte die Urkunde. Funde aus der Hallstattzeit deuten aber auf eine über 2000 Jahre alte Besiedelung des Ortes hin. In Vergessenheit geraten ist auch die Tatsache, dass Breitbrunn während des Dreißigjährigen Krieges ein viel besuchter Wallfahrtsort war. Im "Himmel" des Dießener Marienmünsters ist der selige Luitpold, das Ziel der Wallfahrer, übrigens noch abgebildet.

Ein gewichtiges Werk mit Zahlen, Fakten, aber auch einer Prise Königsmythos - das ist Volkmanns neues Heimatbuch über Breitbrunn. (Foto: Richard Schmautz)

Und mit einer anderen Mär, die sich hartnäckig im Ort hält, räumt Volkmann auf. Es geht darum, wie der Königsberg zu seinem Namen kam. Sicherlich sei der Berg nicht nach dem Märchenkönig benannt worden, meint der Heimatforscher. Nachforschungen haben ergeben, dass König Ludwig II. wohl am 18. Mai 1864 von Berg an den Ammersee geritten sei. Womöglich habe er auch von dem "wunderbaren Stückchen Erde auf einer Anhöhe" erfahren. "Leider habe er dann die Stelle wegen des schlechten Wetters nicht gefunden (...) und die Sache mit dem Wetter passt auch wenig. Aber eine schöne Geschichte ist es zweifellos", schreibt Volkmann. Ein Breitbrunner Doktorand habe vor kurzem jedoch alte Zeitungsberichte gefunden, in denen berichtet worden war, dass König Ludwig I. am 25. August 1838 seinen Geburts- und Namenstag "im Familienkreise unter einem offenen Zelte auf einer Anhöhe zunächst in Breitbrunn am Ammersee" zugebracht hatte. "Ein solches Ereignis könnte gut die Umbenennung des Berges bewirkt haben", folgerte Volkmann. "Jaudesberg" ist übrigens die ältere Bezeichnung für "die eiszeitliche Erhebung". Sie beruht auf einen Osterbrauch, bei dem die Bauernknechte traditionell einen symbolischen "Judas" im Feuer verbrannten.

Auf dem Königsberg sollte übrigens einmal eine "Aussichtsgaststätte" entstehen. Der damalige Bürgermeister Hans Greimel beantwortete ein Schreiben aus dem Jahr 1969 mit den Worten: "... dass eine gute Gaststätte auf diesem markanten Platz eine schöne Sache wäre. Zur Zeit sehe ich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dieser Wunsch verwirklichen ließe". Bis heute steht dort keine Wirtschaft. Und ein beliebter Wintersporttreffpunkt war der Königsberg in den Zeiten, als schneereiche Winter keine Seltenheit waren. Da veranstaltete die Dorfjugend Skirennen und Skispringen: "Fritz Bartl und Sepp Kiening halten mit sagenhaften 24 Metern immer noch den Rekord", so Volkmann.

Autor, Ortsforscher und früherer Geschichtslehrer Robert Volkmann. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Was den typischen Breitbrunner betrifft, so zitierte Volkmann den Herrschinger Dekan Dillizer: "Das Temperament der Bewohner ist sehr phlegmatisch und von wenig Lebhaftigkeit zum Bösen, wie zum Guten. Sie verrathen den Ursprung des Menschen vom Leim (= Lehm) ganz sichtbar, von dem ihnen, so möchte einer meinen, in ziemlicher Dosi zugetheilet worden". Interessant ist der Blick den Volkmann auf die alten Hausnamen geworfen hat. Sie geben Hinweise auf das örtliche Gewerbe. Demnach gab es im Ort unter anderem drei Schuster (Ochsenschuster, Schusterwastl und Brunnlaschuster), zwei Schneider (Bergschneider, Schneidermandl), den Kramer und den Silberkramer, einen Schreiner (Schreinerlenz), Drechsler (Draxl), Metzger und Schmied.

Angesichts der frostigen Außentemperaturen sei an die Sage erinnert, die die Gefahren des zugefrorenen Ammersees beschreibt. Das "drohende Krachen" und "ganz unheimliche Donnern" der Eisschicht auf dem See war für die Fischer ein Zeichen dafür, dass der See unzufrieden sei und nach einem Menschenopfer rufe. "Lange Zeit wagte sich dann niemand auf das feindliche Gewässer hinaus. Erst, wenn irgend jemand den nassen Tod gefunden hatte, sei es ein Kind beim Spielen auf dem Eis oder ein unvorsichtiger Fischer, wenn also der See sein "Opfer" hatte, dann ließ die Furcht nach, und die Leute fuhren wieder auf das Wasser hinaus."

Die erste Auflage des Heimatbuches von 400 Stück ist fast schon vergriffen. Informationen geben die Arbeitskreismitglieder Kuni Pupeter unter 08152/8507 und Richard Schmautz unter 08152/6413.

© SZ vom 10.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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