Haushalt:Kredit fürs reiche Pöcking

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Muss mit Gewerbesteuerrückzahlungen in Millionenhöhe rechnen: Pöckings Kämmerer Michael Schmid. (Foto: oh)

Gemeinde will Wohnungen mit Null-Zins-Darlehen sanieren

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Erstmals seit vielen Jahren wird Pöcking einen Kredit aufnehmen. Dies liegt aber nicht daran, dass die reiche Gemeinde finanziell klamm wäre. Vielmehr handelt es sich bei dem Darlehen um ein Angebot, das die Kommune nicht ausschlagen konnte. Ohne Diskussion segnete der Gemeinderat die Haushaltssatzung mit einer Kreditaufnahme in Höhe von 1,5 Millionen Euro sowie den Haushaltsplan für das Jahr 2021 und die Finanzplanung bis 2024 einstimmig ab.

Die Kreditaufnahme ist für die Sanierung der gemeindeeigenen Wohnungen im Kinibauerweg vorgesehen. Und laut Bürgermeister Rainer Schnitzler ergibt dieses Vorgehen "absolut Sinn". Denn für den Kredit werden nach seinen Angaben null Zinsen berechnet, zudem gibt es auch noch Fördergelder.

Bislang hat Pöcking sogar große Investitionen wie zuletzt das Bürgerhaus "Beccult" stets aus eigenen Geldmitteln bestritten. Kein Wunder, die Gemeinde hat Rücklagen, von denen andere Kommunen nur träumen können. Obwohl auch in diesem Jahr wegen der hohen Kreisumlage von 18,7 Millionen Euro eine Entnahme aus den Rücklagen von etwa 21 Millionen Euro geplant ist, bleiben immer noch knapp 60 Millionen Euro übrig.

Allerdings liegt die Hälfte davon auf einem Sonderkonto, weil Pöcking mit einem drohenden Worst Case rechnen muss - mit Gewerbesteuerrückzahlungen in Millionenhöhe. Seit Jahren wartet die Gemeinde darauf, dass die Klage einiger Gewerbesteuerzahler vor Gericht verhandelt wird. Doch Kämmerer Michael Schmid geht davon aus, dass die Sache noch Jahre dauern wird. Und für jedes Jahr, das ungenutzt verstreicht, muss die Gemeinde die angesetzte Summe von etwa 20 Millionen Euro mit den gesetzlich vorgeschriebenen sechs Prozent verzinsen.

Im Gegenzug jedoch sind die Zeiten, in denen Pöcking bis zu zwei Millionen Euro alleine an Zinseinnahmen verbuchen konnte, längst vorbei. Mit Blick darauf, dass die Gemeinde für ihre eigenen Ersparnisse derzeit sogar Verwahrentgelt bezahlen muss, kritisierte Rathauschef Schnitzler, der Bund habe es seit Jahren versäumt nachzusteuern. "Wenn es für den Bund negativ wäre, hätte er es längst abgestellt", monierte er. Doch die vorgeschriebenen Strafzinsen, die aus eigener Tasche finanziert werden müssten, seien eine "Riesengewinnmaschine".

Trotz dieser Probleme ist die Finanzlage der Gemeinde immer noch gut. Laut den Prognosen des Kämmerers könnte sie langfristig besser sein, aber der Worst Case würde "ein sehr großes Loch in unsere Rücklagen reißen". Sollte dieser Fall eintreten, würde dies die Steuerkraft der Gemeinde auf null reduzieren, Pöcking müsste in den nächsten Jahren keine Kreisumlage mehr bezahlen. Stattdessen müsste die Gemeinde ihre Einnahmen im Verwaltungshaushalt erhöhen und ihre Ausgaben senken, kündigte Schmid an.

Die größten Summen investiert die Gemeinde heuer in Grunderwerb (3,6 Millionen Euro), in die Sanierung des Kinibauerwegs (2,5 Millionen Euro) sowie in den Bau neuer Feuerwehrhäuser in Maising und Pöcking (Planungskosten knapp 600 000 Euro). Zudem müssen neue Fahrzeuge für Feuerwehr und Bauhof gekauft werden, auch die Digitalisierung der Grundschule ist geplant. Zwar werden Ausgaben für die Lehrer-Laptops in Zeiten von Distanzunterricht gefördert. Aber der Gemeinderat hat einstimmig All-in-One-Rechner für die Klassenzimmer befürwortet und den Betrag aufgestockt. Der Umbau der Zufahrt zur Maxhofkaserne wurde auf 2024 verschoben. Nur mit dem Bau der Fußgängerbrücke könne früher begonnen werden, hieß es.

© SZ vom 04.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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