Günstiger Wohnraum:"Tutzinger Modell" kommt

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Soziale Bodennutzung sieht 50 Prozent Abgabe vor

Eigentümer, die künftig in der Seegemeinde von neu ausgewiesenem oder zusätzlichem Baurecht profitieren, sollen von dem jeweiligen Grund die Hälfte zu einem günstigen Preis - unterhalb des Verkehrswerts, den ein Gutachter feststellt - an die Gemeinde verkaufen. Den Grundsatzbeschluss für diese "Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN)" fasste der Gemeinderat am Dienstag mit zwei Gegenstimmen. Das Regulierungsinstrument will Tutzing einsetzen, um günstigen Wohnraum zu schaffen - eines der drängendsten Probleme am Ort, der deutschlandweit zu den teuersten Immobilienpflastern gehört. Junge Familien und Leute mit geringen und mittleren Einkommen tun sich schwer, eine irgendwie bezahlbare Wohnung zu finden. 300 Anwärter stehen auf einer Warteliste im Rathaus.

Über dem "Tutzinger Modell" brütete der Gemeinderat schon in der letzten Legislaturperiode unter Bürgermeister Stephan Wanner. Bei diversen Bauprojekten einzugreifen wäre seither geboten gewesen, etwa beim "Lakeside Living" und in der Waldschmidtstraße, die Verabschiedung überreif, so der einhellige Tenor. Nichtöffentlich hatte der Gemeinderat das Werk ausgiebig beraten, unterstützt vom Münchner Fachanwalt Max Reicherzer. Tutzing orientiert sich mit seinem 15-Punkte-Programm am "Münchner Weg", der seit 1994 alle Bauleitplanungen begleitet. Umstritten war dem Vernehmen nach die Quote, die in Tutzing für soziale Zwecke abgetreten werden muss. Im Gespräch waren sowohl mehr als auch weniger als die beschlossenen 50 Prozent. "Aber wir waren schneller kompromissbereit als die große Politik", betonte Rathauschefin Marlene Greinwald (Freie Wähler). Sie ist zuversichtlich, dass es nun gelingt, im Außenbereich und ebenso innerorts zusätzlich erschwinglichen Wohnraum zu gewinnen, wobei sich alle gleich behandelt fühlen dürften. In Einzelfällen behält sich die Gemeinde vor, von den Leitlinien abzuweichen.

Kritische Stimmen gab es zu der Klausel im "Tutzinger Modell", dass innerhalb einer bestimmten Frist das Baurecht auch umgesetzt werden muss. Sonst kauften Investoren Grund und ließen ihn jahrelang wertsteigernd liegen, so die Begründung. Umgehend zu bauen sei vor allem für Landwirte oft nicht zu stemmen, rechnete Martin Pulfer (ÖDP) vor. Heinrich Reiter (Freie Wähler) trat dem entgegen. Es werde "ja niemand gezwungen zu verkaufen. Dann bleibt Ackerland eben Ackerland".

© SZ vom 05.07.2018 / manu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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