Mitten in Starnberg:Martina Neubauer gehackt

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Ganoven behaupten, dass die Grünen-Politikerin in Indien ist und Geld braucht.

Von Gerhard Summer

Ein Mann wie Josef Hader könnte schon mal in Indien gewesen sein, nicht wahr? Obwohl ja das Leben deutlich "dadurch verliert, dass man es kennenlernt". Aber die Grüne Martina Neubauer? Gut, sie ist mal nach Neuseeland gereist und lag am Strand auf Hawaii, aber das ist elend lange her. Seit Pandemie-Zeiten hat sie allenfalls in Österreich Urlaub gemacht. Und in Asien war sie noch nie. Trotzdem haben am Montag Fans, Freunde und ferne Bekannte Post von ihr bekommen - oder zumindest von ihrem E-Mail-Account: Sie sei gerade in Indien, steht da, "und mir wurde mein Geldbeutel gestohlen. . .Die Botschaft ist bereit, mich ohne meinen Pass fliegen zu lassen. Ich muss nur noch für mein Flugticket und die Hotelrechnung zahlen". Und weiter: "Ich wollte dich fragen, ob du mir 900 Euro leihen kannst."

Ja, so sind sie die Grünen: Treiben sich sinnlos in der Weltgeschichte herum, obwohl sie sonst keine Gelegenheit auslassen, gegen das Fliegen zu wettern, lassen sich beklauen und wollen sich am Ende auch noch Geld borgen von ihren armen geschundenen Wählern. Schlimme Sache, oder? Stopp, der Brief ist eine üble Fälschung. Neubauer ist nämlich erstens daheim und zweitens gehackt worden. Sie hat bei einer der scheinbar automatischen Anfragen, das Passwort auf ihrem Computer zu ändern, nicht so genau hingeschaut - und schon war's passiert. Bis zum frühen Montagnachmittag gingen bei ihr bereits an die 100 irritierte E-Mails und WhatsApps ein, die sie allesamt beantworten musste. Und es dürften noch deutlich mehr werden, schließlich seien in ihrem Verteiler mehrere 1000 Kontakte, wie sie sagt. Passenderweise stürzte in ihrem Büro in München am Montag auch noch der Rechner ab, wofür sie aber bestimmt nicht verantwortlich ist.

Der Fall lehrt mindestens zweierlei: Die Ganoven halten die Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Neu Delhi offenbar für Wunderwerker. Ohne Pass reisen? Geht natürlich gar nicht. Wenn es die Neubauer zweimal gäbe und ihr alter ego tatsächlich in Indien wäre, müsste sie ein Ersatzdokument beim Generalkonsulat in Mumbai beantragen und indische Rupien im Gegenwert von 50 Euro hinblättern. Was natürlich schwierig wäre, weil ihr ja das Portemonnaie abhanden gekommen ist. Und: Das Böse ist immer und überall, was die Erste Allgemeine Verunsicherung schon 1985 wusste. Die Abzocker spulen am Telefon neuerdings Nachrichten ab, die angeblich vom Federal Police Department stammen oder von Europol. Geben sich als radebrechende Vodafone-Mitarbeiter aus und als Techniker von Microsoft. Doch letztlich wollen alle nur eines: Passwörter, Kontonummern und Geld.

Ob Martina Neubauer jetzt reich ist? Quatsch, natürlich nicht. Aber nur mal angenommen, zehn ihre vielen Bekannten kreuzten nacheinander mit 900 Euro im Kuvert vor ihrer Haustür auf und ließen sich nicht abwimmeln, so sehr sich die Kreis- und Bezirksrätin auch sträubte. Einfach weil sie ungewöhnlich großzügig sind oder Mitleid haben mit der gebeutelten Politikerin. So was soll es ja geben im reichen Starnberg. Ja, dann müsste Martina Neubauer jetzt ernsthaft überlegen, was sie mit den 9000 Euro anstellt. Eine kleine Reise böte sich da durchaus an. Es muss ja nicht Indien sein.

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