Gogol & Mäx in Gauting:Tanz auf der Tuba

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Kombinieren seit drei Jahrzehnten Klassik, Humor und Akrobatik: Gogol und Mäx. (Foto: Georgine Treybal)

Die Musikartisten vermischen im Bosco Klaviersolos, tollkühne Artistik und Clownerien. Heraus kommt ein fantastisches Konzert

Von Blanche Mamer, Gauting

Das gibt es nicht so oft im Bosco in Gauting: Schon am Eingang des Kulturhauses wird am Samstagabend klar, dass eine ganz besondere Vorstellung auf dem Programm steht. Denn neben dem vorwiegend grau- und weißhaarigen Abonnement-Publikum quirlen Jugendliche und Kinder durchs Foyer. Vor Beginn des "Concerto Humoroso" mit Gogol & Mäx. Die Erwartungen sind hoch, kaum haben Christoph Schelb alias Gogol und Max-Albert Müller alias Mäx die Bühne im Stil eines Musiksalons betreten, empfängt sie Applaus. Gogol, der feine Virtuose mit Mittelscheitel, begibt sich ans Klavier, Mäx, das Helferlein mit fliegender grauer Haarmähne, rückt dem Pianisten den Hocker zurecht, ordnet dessen Frackschöße, öffnet den Klavierdeckel - und los kann's gehen.

Gogol hat vor, ein klassisches Klavierkonzert zu geben mit Werken von Chopin, Schumann, Strawinsky, Beethoven oder Bach, jeweils ein "Concerto Piano solo". Doch kaum hat er den Namen des Werkes angesagt und die ersten Noten seines Solos gespielt, kommt Mäx mit einem anderen Musikinstrument an und spielt entweder mit oder konterkariert das Concerto mit einer neuen Melodie. Oder er kramt aus einem der zahlreichen Kisten und Kästen ein einfaches Haushaltsobjekt hervor, dem er dann einen eigenen Rhythmus entlockt und den Klängen von Schubertbeethovenbachmozart entgegensetzt. Das können Handschrubber sein, ein Gartenschlauch, eine Säge, ein Trichter, Mäx verwandelt alles in Musik. Zum Missfallen von Gogol stimmt er immer aufs Neue den spanischen Ohrwurm "La Cucaracha" an.

Die Kinder lieben ihn dafür, Stören kann so schön sein. Mäx, der riesige Clownschuhe und eine Schlabberhose mit Hosenträgern trägt, watschelt über die Bühne und findet immer neue Möglichkeiten, um den Maestro bei seinen Soli zu behindern. Da steigt er auch schon mal aufs Klavier und greift von oben in die Tasten, da entlockt er einer Sammlung von Kuhglocken einen hippen Sound, benützt er einen Gartenschlauch mit Trichter als Trompete, eine Tonne als Schlagzeug. Mäx, Jahrgang 1956, ist am 29. Februar geboren, also irgendwie mitten in der Pubertät. Seit 25 Jahren spielt er mit Gogol zusammen, der ebenfalls Akrobat ist und sich zu helfen weiß. Als es ihm zu bunt wird, steckt er den Störenfried kurzerhand in die Tonne. Nur noch die langen Schuhe des Clown schauen heraus, doch dann wedelt ein weißes Fähnchen über dem Rand, und Gogol hilft Mäx mit einer gekonnten Zirkusnummer aus dem Fass heraus.

Faszinierend auch der Auftritt mit dem Alphorn. Der Klang ist auf jeden Fall dumpfer und lauter als der jedes anderen Instruments, das Hantieren damit veranlasst die Zuhörer auf den besten Plätzen, schnell die Köpfe einzuziehen. Er bringt den Meister jedes Mal aufs Neue aus dem Konzept. Dieser gibt aber nicht auf, wie gerne würde er doch ein Klavierkonzert darbringen. Das Publikum stimmt in die Ansage ein.

Wie sich nach der Pause zeigt, steht der ernsthafte Pianist dem kleinen Spaßmacher Mäx in nichts nach. Immer unter den gestrengen Augen der Büsten von Johann Sebastian Bach und dem jungen Mozart spielt er neben seinen nicht vollendeten Solo-Stücken am Klavier mindestens zehn Instrumente, improvisiert und duelliert sich klanglich mit Mäx und dessen Geräten. Als Mäx mit einer Posaune ankommt, holt Gogol die Tuba. Und nun geht es nur noch darum, wer am lautesten kann. Als Mäx ihm den Notenständer auf ein Gerüst postiert, gelingt es dem Pianisten, auf rollenden Dosen das Gleichgewicht zu finden und das wackelnde Gerüst zu erklimmen.

Gemeinsam bringen sie zwei Glas-Xylophone zum Klingen, gemeinsam liegen sie auf dem Klavier und spielen rücklings. Und während Mäx ein atemberaubendes Balanciergerät baut und ein Rohr zwischen dem Klavier und der auf einem Kasten stehenden Tuba platziert, betritt es Gogol furchtlos mit rosa Tutu bekleidet und schwingt einen rosa Sonnenschirm. Es ist mucksmäuschenstill, die Kinder halten den Atem an, doch es klappt. Nicht ganz so anmutig wie eine Seiltänzerin, aber mindestens genau so mutig absolviert Gogol seine Nummer. Und dann das schräg stehende Klavier, das den Gesetzen der Schwerkraft folgend, umfallen müsste. Da zeigt Mäx, dass er nicht nur Späße treiben kann, sondern auch wunderbar Piano spielt. Allerdings gönnt er seinem Mitspieler kein Solo, er setzt ihm die Tuba auf den Kopf und bringt das Publikum zum Stöhnen. Alles in allem: ein Concerto fantastico. Das Publikum raste und erklatschte sich drei Zugaben.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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