Gilching:Unter subtiler Spannung

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Widmet sich in seinem Ruhestand intensiv der Kammermusik: der Cellist Franz Amann. (Foto: Georgine Treybal)

Das Duo Kazue Weber-Tsuzuki und Franz Amann im Gymnasium Gilching

Von Reinhard Palmer, Gilching

Seit der Solocellist des Bayerischen Staatsorchesters, Franz Amann, in Ruhestand ist, widmet er sich intensiver denn je der Kammermusik. Nicht zum ersten Mal zusammen mit der Pianistin Kazue Weber-Tsuzuki. Das Zusammenspiel im Gilchinger Gymnasium beim Konzert des Kunstforums war deutlich von müheloser Verständigung geprägt. Obgleich das die vom musikalischen Charakter her sich gegenseitig herausfordernde Unterschiede nicht leicht machten. Sie sorgten allerdings für eine subtile Spannung, die gerade in einem so reichhaltigen Programm geradezu entscheidend ist.

Schumann, Brahms, Webern und Schostakowitsch spannten hier den Bogen über eine entscheidende Zeitspanne von etwa hundert Jahren, die vom virtuosen 19. Jahrhundert in die Konzepte der Neuen Musik führte. Gerade Weberns "Drei kleine Stücke" op. 11 (vor 1924), erfordert aufgrund der extremen Knappheit der musikalischen Aussage, die sich jeweils in den drei Sätzen ausschließlich auf die Essenz beschränkt und vom Umfang her wohl unter einer Minute Länge bleibt, eine extreme Konzentration und emotionale Intensität, um ihren nahezu mystischen Gehalt zu offenbaren.

Amann ist ein wunderbarer Sänger am Cello. Was gerade dann seine größte Wirkung entfaltete, wenn Weber-Tsuzuki ihre Begleitfiguren plastisch wogen ließ. Etwa in Schumanns Adagio op. 70, aber auch immer wieder leidenschaftlich bewegt in Brahms' F-Dur-Sonate, die aus einem unentwegten Changieren der Stimmungen und des Kolorits geprägt ist. Darin wurden auch die Unterschiede der beiden Musiker spürbar. Denn während Weber-Tsuzuki die feinsinnig-plastische Modellierung konsequent einhielt und auch in den Ausbrüchen das schönklangliche Spektrum nicht verließ, wagte Amann bisweilen impulsivere Höhepunkte, die durchaus schon mal etwas ruppiger daherkommen konnten.

Dafür gab es vor allem in Schostakowitschs d-Moll-Sonate op. 40 genügend Momente, die ein musikantischeres und wuchtigeres Zupacken durchaus vertrugen. Was sehr überzeugte, war die Ambivalenz der Musik, das Lachen durch Tränen, wie Schostakowitsch es der jiddischen Musik entnahm, auch wenn es nicht unbedingt typisch für die Sonate ist. So fesselte das Duo Weber-Tsuzuki und Amann etwa im Allegro-Scherzo auch mit einem wilden Ritt in volkstänzerischer Manier, kontrastiert von einem zart blühenden Trio, das sich alsbald wieder mit mächtig viel Energie auflud. So etwas fand sich auch zum ende von Brahms' Schlusssatz hin, wo ein wuchtiger Ausbruch die Inszenierung des spielfreudigen Finales einleitet.

Diese Interpretation verfehlte ihre Wirkung nicht und riss das Publikum zu begeistertem Applaus hin. Hatte Chopins Largo aus der Cellosonate als Zugabe noch die Gemüter mit seelentiefem Gesang beruhigt, so schickte das Duo sein Publikum mit Piazzollas Libertango beschwingt nach Hause.

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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