Gilching:Odyssee durch Raum und Zeit

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Oboist Juri Schmahl (rechts) und Pianist Philipp Heiß verwandelten schwierige Musikmaterie in der Gilchinger Aula zeitweilig in ein Hörabenteuer. (Foto: Nila Thiel)

Juri Schmahl und Philipp Heiß inszenieren einen dramaturgisch spannenden Klassikabend

Von Reinhard Palmer, Gilching

Bach geht immer. Erst recht, wenn die Oboe im Spiel ist: Bedachte der Komponist doch dieses Instrument mit den himmlischsten musikalischen Dichtungen nicht nur des Barock. Oboist Juri Schmahl und Pianist Philipp Heiß verleihen daher ihren Duo-Programmen einen alles verklammernden Rahmen mit Werken Bachs. Konzipiert war der Abend hier auf Einladung des Kulturkreises Gilching ohne Zwischenapplaus, die Werke attacca anschließend im Sinne einer Odyssee durch Raum und Zeit.

Denn zwischen Bach gab es Schumann, den Zeitgenossen András Hamary (Jahrgang 1950) und den von den Nazis in Auschwitz ermordeten Pavel Haas. "Die Himmel erzählen", betitelt nach einer Bachkantate, sollten besondere Lebensstationen der Komponisten in musikalischer Form für ausdrucksstarke Akzente zwischen Bachs melancholischen Sinfonien aus Kantaten sorgen. Ein dramaturgischer Ansatz, der zunehmend Einzug hält in Konzertprogramme und hier konsequent angewandt für einen fesselnden Spannungsaufbau sorgte - dem allerdings auch keine Zugabe folgen durfte.

Juri Schmahl heißt seit seiner Vermählung Juri Vallentin, doch das Gilchinger Publikum sollte sich noch seines früheren Namens erinnern, machte er doch am Gymnasium, in dessen Aula er nun konzertierte, sein Abitur. Zusammen mit dem Augsburger Heiß bilden sie ein homogenes und präzis gestaltendes Duo. Ihr enges Zusammenspiel ist gekennzeichnet durch eine feinsinnige spieltechnische Differenzierung, der gerade in Schumanns "Drei Romanzen" op. 94 eine tragende Rolle zukam. Ihre narrative Diktion bietet viel Raum für ausdrucksstarke Detailarbeit und Wendungen in der Charakterisierung.

Während Heiß in den Sinfonien Bachs einen begleitend-orchestralen Part spielte, war seine Rolle bei Schumann von gleichwertiger Bedeutung. Der einhellige Zugriff der Musiker in den jeweiligen Ausprägungen sorgte selbst bei verdichteten Texturen für ein klares Klangbild. Dahingehend sind die neueren Werke per se geradezu darauf angewiesen. Die Suita op. 17 von Haas schlug einen enormen emotionalen Bogen, der Platz für Imagination bot, zumal offenbar ursprünglich mit - später verschollenem - gesungenem Text versehen. Aus zehn meist ineinander verflochtenen Sätzen bestehend, bot die Suita geradezu eine Berg- und Talfahrt der Gefühle.

Hamary hatte seine Komposition von 2015 "Canto Ordeño" auf ein venezolanisches Melker-Lied aufgebaut um die nicht enden wollende Wiederholung eines Tones. Grandios, wie fesselnd beide Musiker diese schwierige Materie in ein Hörabenteuer verwandelten. Gerade die Rhythmisierung des tremoloartig repetierten Tones mit unregelmäßigen Akzenten, die sich so zu Motiven zusammenschlossen, war ein Kunststück. Eine beeindruckende Leistung, die vom Publikum begeisterten Applaus erntete.

© SZ vom 18.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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