Gilching:Mitten im Getümmel

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Blumes Klassische Harmoniemusik gastiert im Gymnasium Gilching

Von Reinhard Palmer, Gilching

Die musikalische Darbietung verbal ins politische Umfeld der Entstehungszeit der Werke einzubinden, ist in diesem Fall schon besonders Interessant. Die Hauptstadt der ernsten Musik schlechthin war am Ende der napoleonischen Kriege mit dem Wiener Kongress Schauplatz eines epochalen Ereignisses. So fanden sich Komponisten wie Beethoven, Krommer und Hummel mitten im politischen Getümmel und dem allgegenwärtigen Wunsch nach Frieden und Freiheit. Der Klarinettist Hans Blume verstand es im Gilchinger Gymnasium, mit wenigen Worten die Perspektive neu auszurichten. Und mit dem Ensemble "Blumes Klassische Harmoniemusik" fand sich das zahlreiche Publikum auch nah am Geschehen, war doch einst der Wirkungsbereich der Harmoniemusiken explizit der öffentliche Raum, in Parks oder Höfen, wo man sich austauschte und diskutierte. Der Aufgabe entsprechend, Musik der Konzertsäle unters Volk zu bringen, sie also populär zu machen, ging es im Repertoire in erster Linie um Bearbeitungen für die Bläserbesetzung mit Oboe, Klarinette, Horn, Fagott und Kontrafagott.

Ein solcher instrumentaler Mix bietet reichlich Möglichkeiten, der jeweiligen Gattung gerecht zu werden. Am überzeugendsten bei orchestralen Werken wie Beethovens Ouvertüre zum Schauspiel "Egmont", die hier vor allem den visionären Charakter im Sinne einer Vorahnung des Geschehens - des Freiheitskampfes der von Spaniern besetzten Niederlanden - vermittelte. Bei der Übertragung Beethovens Pathétique op. 13 ging es rein musikalisch um eine anders gelagerte Aufgabe: Jede Stimme des Klavierwerks bekam in der Harmoniebesetzung eine eigene Klangfarbe, wodurch die Struktur des Werkes klar hörbar wurde. Um zu zeigen, wie sehr Beethoven symphonisch zu denken vermochte, griff Blumes Klassische Harmoniemusik auf einen deutlich orchestralen Bläsersatz zu.

Sowohl Krommer als auch Hummel komponierten schließlich explizit für diese Besetzung. In Krommers Harmonie F-Dur op. 77 arbeiteten die Bläser deutlich einen symphonischen Charakter heraus, dabei mit einer reichhaltigen Ausdruckspalette von vergnüglicher Leichtigkeit, über klar abgesetzte Farbkontraste und folkloristische Derbheit bis hin zum leichten Staccato, das sich zum dramatischen Schlusswirbel verdichtete. Hummel dachte in seiner Oktett-Partita Es-Dur zugleich auch kammermusikalisch. Mitreißend vor allem der straffe Galopp im fulminanten Finale, in dem Blumes Klassische Harmoniemusik noch einmal orchestrale Größe annahm. Lang anhaltender Applaus und eine Beethoven-Zugabe.

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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