Gilching:Kleine Welt auf Schienen

Lesezeit: 2 min

Achterbahnen gibt es nicht nur auf der Wiesn. Auch beim Gilchinger Modellbautag war ein Mini-Modell zu sehen. (Foto: Nila Thiel)

Bei den Gilchinger Modellbahn-Tagen suchen Sammler und Bastler nach neuem Zubehör für ihre Miniatur-Anlagen. Eine täuschend echte Birke kann da schon mal 90 Euro kosten

Von Blanche Mamer, Gilching

Eine Modelleisenbahn auf einer blanken Platte fahren zu lassen, das macht nicht richtig Spaß. Eine Landschaft drumherum sollte schon sein: Häuser, Bäume, Fabriken, Brücken, Tunnel sind genau so wichtig wie maßstabtreue Lokomotiven und Waggons, Autos und Figuren. Der Stand von Helmut Achhammer bei den Gilchinger Modellbahn-Tagen im Christoph-Probst-Gymnasium am Sonntag und Montag übt somit große Anziehung auf die Besucher aus. Mit viel Liebe zum Detail stellt der passionierte Bastler aus Obertraubling Bäume her, die wie gewachsene Mini-Mini-Bonsai wirken. Besonders gefragt sind seine Birken, es gibt sie in verschiedenen Größen in Sommer- und in Herbstfärbung. Das Grundgestell sei aus Draht, das so natürlich wirkende Grün sei Betriebsgeheimnis, sagt er. Das hat seinen Preis, bis zu 90 Euro kann einer der großen Bäume kosten, die er allerdings nur auf Bestellung herstellt. Kein Wunder, dass die Anlagen zu einem sehr teuren Hobby werden können.

Keiner der meist älteren Hobbyeisenbahner will oder kann sagen, was seine Züge plus Zubehör kosten. Johann Meier aus Gilching beispielsweise, Vater von Tobias Meier, der das Spielwaren-Geschäft betreibt, hat eine vier auf elf Meter große Anlage der Spur 1 in der Aula der Grundschule aufgebaut. Eine Lok kann schon gut und gerne auf 3500 Euro kommen, sagt Meier senior. Zwei Jugendliche steuern die Weichen und die fünf Züge am Modell-Bahnhof Gilching vorbei. Dabei kann man das Stampfen der einzelnen Dampflokomotiven genau unterscheiden. Für die Programmierung der Originalgeräusche sei der Sohn zuständig, der die Loks auf digitalen Betrieb umgebaut hat, so Meier. Und wenn es gewünscht wird, können die Messinglokomotiven, "Maßstab 1 zu 32", sogar Dampf aus dem Schornstein und dem Radgestell pusten. Aufbauen kann er die Anlage nur bei Messen und Märkten. Zuhause sind die zehn Loks und Waggons in Kisten verpackt und lagern in zwei Kellerräumen.

Fehlender Platz in den heutigen Wohnungen sei einer der Gründe, dass immer weniger Menschen Modelleisenbahnen haben, sagt Meier. Ein Beispiel gibt der zwölfjährige Mattes aus Weßling, der mit zwei Freunden die historische Eisenbahn von Alfons Weilbach aus Inning bewundert."Unsere Wohnung ist zu klein für eine feste Anlage", sagt er. Er habe zwei Loks und 150 Schienenteile. Ab und an dürfe er sie im Wohnzimmer aufbauen, unterm Tisch und zwischen den Stuhlbeinen. Er ist einer von den wenigen Jugendlichen, die an diesem verregneten Sonntag den Weg ins Schulzentrum finden. An einem Stand interessiert sich auch der 14-jährige Simon, ebenfalls aus Weßling, für eine spezielle Lok. Zusammen mit seinem Vater baut er gerade eine Anlage auf dem Speicher auf. Bis jetzt haben sie sieben Züge, erzählt er.

Meist sind es ältere Herren oder auch Familienväter mit kleinen Kindern, die mit großen Augen die fahrenden Züge bewundern. "Uns fehlt der Nachwuchs", sagt Meier senior. Allerdings lasse die Digitalisierung hoffen, denn das Programmieren interessiere zunehmend, findet Tobias Meier, der zusammen mit Franz Gruber die Gilchinger Modelleisenbahn-Tage organisiert hat. 15 Aussteller und etwa 20 Flohmarkthändler sind dem Aufruf gefolgt, die meisten zeigen sich zufrieden über die Resonanz. "Eigentlich habe ich mir eine neue Lok kaufen wollen. Doch was habe ich in meiner Tüte? Einen Anhänger mit Kran", sagt Nandor Babernits aus Unterschleißheim und lacht. Seine Sammlerstücke stehen daheim in der Vitrine. Er beobachtet zudem, dass die Preise mittlerweile "ins Uferlose steigen". Wie viel ihn sein Hobby kostet, kann Alfons Weilbach nicht sagen. Seine historische Anlage, die er um 1900 situiert, ist eine der Attraktionen. Um sie transportieren zu können hat er vier feste Module von je einem Meter gebaut, die sich leicht zusammenstellen lassen. Diese kleine Welt hat der gelernte Kfz-Mechaniker in unzähligen Stunden akribisch gefertigt, von den verwitterten Schindeln des Bauernhofdachs, über das Herzerl in der Tür zum das Miniatur-Plumpsklo zu den Schwammerl unter den Bäumen oder dem Dampfantrieb für den Ladekran. "Das Basteln ist das Schönste und Wichtigste", sagt er. Alles mit dem Ziel, selbst zum Bahnhofsvorsteher zu werden.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: