Gilching:Gilchinger Drehstuhldrama

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Die Vergabekammer Südbayern wird über den Kauf entscheiden

Von Christian Deussing, Gilching

Noch ist unklar, ob künftig im neuen Gilchinger Rathaus die Gemeinderäte auf 2500 Euro teuren Drehstühlen sitzen werden oder nicht. Darüber hat jetzt die Vergabekammer Südbayern zu entscheiden. Der Gemeinderat hatte der Vergabe an eine Münchner Firma im Dezember nicht zugestimmt, die vor allem Sitzmöbel im Topdesign anbietet. Die Ausschreibung wurde aufgehoben, weil den meisten Gemeinderäten die insgesamt 75 000 Euro für 30 Ratsstühle überteuert erschienen. In der Ausschreibung für Sonderräume (Los 3) geht es aber nicht nur um die edlen Sessel der Marke "Oxford", sondern auch um 107 Besucherstühle. Sie würden nach SZ-Informationen 33 347 Euro statt nur 16 298 Euro kosten - was weniger als die Hälfte wäre. Sollte das Vergabegericht die Aufhebung der Ausschreibung rügen, müssten wohl zum Beispiel auch für fünf Transportwagen von Stapelstühlen statt knapp 2300 Euro 4722 Euro aus der Gemeindekasse gezahlt werden.

In der Vergabe um das Rathausinventar sind aber noch weitere Details durchgesickert. So soll für Garderobenhaken der Höchstpreis 147,97 Euro betragen, während ein anderer Anbieter lediglich 14,28 Euro pro Stück verlangt. Bei 54 Haken wäre das ein eklatanter Preisunterschied von brutto 7219 Euro. Eine enorme Differenz gibt es nach einer europaweiten Ausschreibung ebenso in punkto Büromöbel (Los 2): Den Zuschlag erhielt zwar eine örtliche Firma, deren Angebot von 257 467 Euro um etwa 45 000 Euro günstiger ist als die Offerte des zweiten Bieters. Doch dieser ist eben jene Münchner Firma, die auch die hochhochpreisigen Ratsstühle verkaufen will. Die Topfirma rügt den Zuschlag an den günstigeren Konkurrenten, weil dieser gegen das Vergaberecht verstoßen habe. Auch das prüft jetzt die Kammer, die der Regierung von Oberbayern angehört.

In dem Streit war dem Rathaus-Projektplaner Professor Horst Teppert vorgeworfen worden, seine Ausschreibungskriterien für die Ratsstühle speziell auf die Münchner Firma zugeschnitten zu haben, die diese Luxus-Sitze anbietet. Der Architekt weist diese Vermutung zurück und verweist auf sein Gestaltungskonzept bei dem "repräsentativen Charakter" des neuen Gilchinger Rathauses. Hierbei gebe es eine "Vorgabe bestimmter Leitfabrikate", zudem sei sein Vorgehen mit der Verwaltung abgestimmt gewesen, so Teppert. Wegen des Rechtsstreits ist unsicher, ob das Rathausgebäude wie vorgesehen Ende April eröffnet wird.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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