Gilching:Fotograf verurteilt

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Bei Aufnahmeterminen kommt es mehrmals zu sexuellen Übergriffen

Von Christian Deussing, Gilching

Ein Fotograf hat über Facebook junge Frauen und Amateur-Models angeschrieben, um mit ihnen Aufnahmen in seinem Studio zu verabreden. So auch im Juli 2015, als ihn eine damals 21-jährige Frau aus Landshut aufsuchte, um in Unterwäsche Fotos von sich machen zu lassen. Doch das angebliche Studio entpuppte sich als eine enge Wohnung. Dort soll der 54-Jährige aus dem Landkreis Starnberg die Frau aufgefordert haben, ihn oder sich selbst zu befriedigen. Das brachte dem Mann eine Anklage ein. Der einschlägig vorbestrafte Mann wurde am Dienstag vom Schöffengericht in Starnberg zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Beleidigung mit sexuellem Hintergrund verurteilt. Die ursprünglich angeklagte sexuelle Nötigung mit Körperverletzung konnte nicht bewiesen werden.

Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin hatte der Angeklagte am zweiten Verhandlungstag einen Teil der Vorwürfe der Staatsanwaltschaft eingeräumt, nachdem er zunächst alles abgestritten hat. Er habe sie nicht angefasst und zu keinem Sex aufgefordert, hatte der korpulente Mann anfangs beteuert. Zudem sei die Frau stundenlang in seiner Wohnung geblieben, habe sich mehrmals umgezogen und sei nackt aus dem Badezimmer gekommen, berichtete der Angeklagte. Nichts sei gegen den Willen der Frauen passiert und Sex habe sich "spontan ergeben", behauptete der Angeklagte. Er mache inzwischen keine Fotoaufnahmen mehr, sagte er vor Gericht. Mittlerweile sei er von Hartz IV abhängig.

Ganz anders schildert die betroffene Frau ihre Begegnung mit dem Fotografen, der laut Staatsanwalt das Vertrauen der Models ausgenutzt und sie zu lasziven Posen angewiesen habe, damit die Aufnahmen wirkungsvoller würden. Es seien aber keine Akt-Aufnahmen vereinbart gewesen, erzählte das Opfer unter Tränen. "Er hat mich ans Gesäß gedrückt und an den Busen gefasst. Das wollte ich nicht."

Die Verteidigerin hakte indes nach und wollte wissen, warum sie dann so lange Zeit in der Wohnung geblieben sei und noch so viele Fotos gemacht worden seien. "Ich hatte Angst und wusste nicht, wie er reagiert", entgegnete die junge Frau. Sie habe aber noch dort viele Bilder gelöscht und gleich am nächsten Tag bei der Polizei Strafanzeige erstattet. Die heute 23-Jährige leidet nach eigenen Angaben noch immer unter den psychischen Folgen des sexuellen Übergriffs; ihre Beziehung ging in die Brüche, und die Modellkarriere hat sie abgebrochen. "Ich versuche, die Tat zu vergessen, will aber jetzt eine Therapie machen", sagte sie.

Die Zeugin hatte über Facebook auch von anderen Frauen erfahren, dass sie bei dem Fotografen in der Wohnung gewesen waren und unter Druck gesetzt worden seien. Er habe nie locker gelassen und sexuelle Handlungen gefordert, damit die Bilder besser werden. Das hatte auch eine 21-jährige Kosmetikerin bestätigt und berichtete am ersten Prozesstag davon, dass sie ihren Oberkörper entblößen und den Angeklagten befriedigen sollte. Man müsse andere Frauen vor diesem Mann warnen, hatte sie betont. Gegen den Angeklagten hatten schon etliche Models wegen sexueller Nötigung Strafanzeige erstattet. Ohnehin war der Fotograf der Justiz längst kein Unbekannter mehr. Denn er war vor acht Jahren zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, weil er ein erst 16-jährige Mädchen in Germering zu Probeaufnahmen gelockt und sie sexuell belästigt hatte.

Richterin Brigitte Braun hielt dem Fotografen vor, mit seinen Taten "nachhaltig ins Leben junger Frauen eingegriffen" und Grenzen überschritten zu haben. Sie warnte den Angeklagten davor, in Versuchung zu geraten und wieder solche Shootings anzubieten.

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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