Gilching:Feuerwehr aus Liliput

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Die Anforderungen an die Helfer in der Boom-Gemeinde Gilching sind gestiegen. Ihr kleines Gerätehaus platzt inzwischen aus allen Nähten. Ein Umzug mit Neubau würde allerdings bis zu 15 Millionen Euro kosten

Von Christian Deussing, Gilching

Feuerwehrmann Sebastian Blunck zwängt sich aus dem Löschfahrzeug, die Fahrertür ist gerade noch 20 Zentimeter von der aufgehängten Schutzkleidung entfernt. Im Anbau müssen zwei Einsatzfahrzeuge dicht hintereinander parken. Und in der nur 20 Quadratmeter großen Atemschutzwerkstatt ist auch kaum Platz, die 67 lebenswichtigen Geräte zu prüfen - was auch als Lohnarbeit für andere Feuerwehren geschieht.

Die Werkstatt müsste eigentlich dreimal so groß sein, sagt Johann Müller, Vorsitzender des Gilchinger Feuerwehrvereins. Doch weitere Anbauten seien nicht mehr möglich und wären auch nur "Flickschusterei". Kommandant Robert Strobl nickt und zeigt auf seine viel zu enge Einsatzzentrale. Die Platznot im Gerätehaus sei sehr groß, sagt er und schlägt Alarm.

Denn die Anforderungen an die Einsatzkräfte, die Leib und Leben anderer schützen sollen, sind in den vergangenen Jahren in der Boom-Gemeinde mit bald 19 000 Einwohnern enorm gewachsen. Es siedeln sich immer mehr Firmen in den Gewerbegebieten an, Hotels werden errichtet und gerade wird wieder ein großes Pflegeheim gebaut. Zudem gibt es in Gilching viele Kindertagesstätten. Das alles seien "besondere Objekte und Herausforderungen", sagt Strobl. Nun ist diese Feuerwehr überdies noch im Alarmplan wegen des Ausbaus der Lindauer Autobahn (A 96) eingebunden - was die ehrenamtliche Helfer ohnehin schon seit langem beim Sonderflughafen Oberpfaffenhofen sind.

Derzeit stehen 83 Aktive zur Verfügung. "Die Stimmung und die Motivation der Mannschaft ist trotzdem gut", erzählt der 48-jährige Kommandant. Um ihn herum herrscht rege Betriebsamkeit, denn seine Leute warten wöchentlich im Arbeitsdienst die Einsatzfahrzeuge und Geräte oder reparieren Ventile. Das ist freiwillig, und dennoch kommen oft 40 Mann in das Gerätehaus an den Starnberger Weg, das vor 42 Jahren erbaut worden ist - aber längst nicht mehr modernen Ansprüchen genügt. Andere Wehren leiden inzwischen häufig unter Personalnot, haben aber genügend Platz. "Bei uns ist es genau umgekehrt", sagt Strobl und geht in sein winziges Kommandantenbüro, das wie ein Käfig wirkt. An diesem Freitagabend wird er in der Jahres-Dienstversammlung im Gasthof Widmann von insgesamt 10 732 Einsatzstunden berichten. Darunter fallen auch Übungen, interne und externe Lehrgänge. In 62 Fällen mussten die Helfer wegen Brandalarms ausrücken, aber oft auch zu Verkehrsunfällen oder überschwemmten Straßen nach Unwettern.

Mit der Ausrüstung sind die Feuerwehrchefs durchaus zufrieden, erst im vorigen Jahr konnten zwei Löschfahrzeuge angeschafft werden. Die Drehleiter ist zwar schon 26 Jahre alt, aber das größte Problem ist das zu klein gewordene Gerätehaus. Jetzt soll als Provisorium davor eine Doppelgarage gebaut werden, damit das neunte Feuerwehrauto nicht draußen stehen muss. Man spürt, wie es dem Vorstand Müller, seinem Kommandanten Strobl und dessen Vize Michael Klinglmair unter den Nägeln brennt. Sie brauchen ein neues und geräumiges Gerätehaus, das aber auf diesem Areal nicht zu verwirklichen ist. Das Trio weiß, dass Bürgermeister Manfred Walter die Raumnot erkannt hat, die auch die Feuerwehrleute selbst gefährdet. Man arbeite mit der Gemeinde gut zusammen, wird versichert. Derzeit wird ein geeignetes Grundstück für einen Neubau gesucht, das gesamte Projekt kostet jedoch bis zu 15 Millionen Euro. Aber dann wird sicher auch die Küche größer sein und nicht mehr einer Kombüse gleichen, in der sich die Helfer auf die Füße treten.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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