Gilching:Edle Hausmusik

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Vornehme Zurückhaltung: Elizabeth Hopkins und Andreas Schablas bei ihrem Konzert zur Gilchinger Kulturwoche. (Foto: Arlet Ulfers)

Pianistin Elizabeth Hopkins und Klarinettist Andreas Schablas spielen Schumann und Schubert

Von Reinhard Palmer, Gilching

"Wenn ich originaliter für Klarinette und Klavier komponiert hätte, würde es wohl etwas ganz anderes geworden sein", äußerte Schumann gegenüber seinem Verleger Simrock, als dieser für die drei Romanzen für Oboe und Klavier op. 94 auch die Klarinette als Alternativbesetzung vorschlug. Der Klarinettist Andreas Schablas setzte sich in der Reihe der "Connexions" der Pianistin Elizabeth Hopkins, die in der Aula des Gilchinger Gymnasiums einmal mehr knapp und prägnant moderierte, einfach darüber hinweg. Schließlich sind die Instrumente und die Spieltechnik verbessert und in den Gestaltungsmöglichkeiten bereichert worden.

Dass die drei Fantasiebilder auch wunderbar funktionierten, lag wohl vor allem an der interpretatorischen Zurückhaltung der beiden Musiker. Schon einleitend in Schuberts Klaviersonate A-Dur D 664 demonstrierte Hopkins Verhaltenheit mit weichem Klang und schlankem Ton, in der dem pianistischen Perlen eine liebevolle Detailarbeit zuteil wurde. Feinsinnige Klanggestaltung bei zurückgenommener Intensität, doch reicher Farbnuancierung: Das kennt man vom Hammerflügel, dem Instrument beider Komponisten des Abends. So erklang die Schubert-Sonate von 1819 klanglich sozusagen durch den historischen Weichzeichner, ohne die Konturen zu verwischen. Klarheit und Transparenz blieben bestimmend.

Gerade der weiche Klarinettenansatz in den Schumann-Romanzen rechtfertigte die Besetzung. Schablas nahm die erste Romanze mit zurückhaltender Lyrik. "Einfach, innig" floss dann melodisch dahin, verdichtete zwar dramatisch, löste sich aber auch wieder. In der letzten Romanze zeigte sich der Einstieg düster, hellte sich aber wirkungsvoll auf, um eine ganze Galerie an Bildern hervorzubringen, bis sich schließlich alles wie in einer Vision im Nichts auflöste. Kurzum: Edle Hausmusik des Biedermeier, sozusagen als Gegenreaktion zu den revolutionären Wirren von 1848/49, die draußen auf den Straßen gewaltsam tobten.

Schumanns Klavierromanze Fis-Dur op. 28/2 entstand zehn Jahre zuvor und ist nicht nur der Gattung nach eine Romanze. Dahinter steckt die Liebe des Komponisten zu der 20-jährigen Pianistin Clara Wieck, die dieses romantische Stück zu Weihnachten geschenkt bekam. Hopkins tauchte tief in den sonoren Gesang der Mittellage ein, um ihn mit Atmosphäre zu umspielen. In diesem Fall verlieh die schlanke Interpretation der Romanze einen intimen Charakter, ganz dem Sinn und der Bezeichnung des Satzes - "Einfach" - entsprechend. Die Legitimierung kam einst von Clara persönlich: "als Deine Braut mußt Du mir durchaus noch etwas dedicieren, und da weiß ich denn doch nichts Zarteres als diese 3 Romanzen, besonders die Mittelste, die ja das schönste Liebesduett".

Mehr Schwung hoben sich Hopkins und Schablas fürs Konzertfinale auf. Schuberts Sonate D 821, die einst die Klavier begleitete Arpeggione - eine Art gestrichene Gitarre - bedachte, will einfach nur ein Stück köstlicher Unterhaltung sein. Dass die Sonate erst posthum Jahrzehnte später veröffentlicht wurde, zeigt, dass man die Komposition nicht gar so ernst nahm. Zumal ja die Möglichkeiten des neuen Instruments noch nicht erkundet waren, weshalb Schubert das Ausloten der virtuosen Grenzen im Sinne hatte. Schablas und Hopkins griffen diesen Umstand in der Transkription des Werkes für Klarinette und Klavier auf und fanden auch in dieser Besetzung eine Reihe erfrischend musikalischer Ideen. Der Kopfsatz blühte sanft in beschwingter Leichtigkeit und steigerte sich bis zum vergnügten Wirbeln. Effektvoll geriet die Inszenierung des Finales aus der fließenden Melodik heraus. Der langsame Mittelsatz tauchte seelentief ein und berührte mit seinem melancholisch fließenden Gesang. In extremen Kontrast dazu setzten Schablas und Hopkins das tänzerische Wirbeln des Schlusssatzes. Doch das Duo ließ sich nicht zur Maßlosigkeit verführen und zügelte die Fahrt für ein geistvolles Finale mit zartem Nachklang. Den frenetischen Applaus belohnte der Schlusssatz aus Schumanns a-Moll-Violinsonate - mit wildem Staccato.

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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