Gilching:Botaniker mit Liebe zur Literatur

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August Wurm hat Gilching nicht nur um eine Sonderbaumschule bereichert. Er war vor allem für seine freundlich-fröhliche Art und seine Gedichte bekannt (Foto: Jürgen Klenk; Jürgen Klenk/oh)

Von Patrizia Steipe, Gilching

Neue Bekanntschaften pflegte er gerne mit einem Rätsel zu begrüßen: "Wer wie ich am 11.11. geboren ist, wie viele Schwestern könnte der haben?". Es machte August Wurm einen Riesenspaß auf das verständnislose Kopfschütteln die Antwort zu präsentieren: "Elf Schwestern natürlich!" Auf den valentinesken Humor, das immense botanische und heimatkundliche Wissen, auf die unzähligen auswendig deklamierten Gedichte und auf einen Menschen mit einem großen Herz müssen die Gilchinger fortan verzichten. August Wurm ist am 3. August im Kreise seiner Familie in Gilching gestorben. Der Gilchinger, der die Verdienstmedaille der Gemeinde verliehen bekam, ist 91 Jahre alt geworden. Der Trauergottesdienst mit anschließender Beerdigung findet an diesem Dienstag, 8. August, um 13 Uhr in St. Vitus in Gilching, statt.

"Die Gemeinde Gilching verliert mit ihm ein echtes Original, einen Menschen, der unglaublich positiv auf seine Mitbürger gewirkt hat", so Bürgermeister Manfred Walter. Generationen von Kindergarten- und Schulkindern waren in seiner Sonderbaumschule zu Besuch gewesen. 40 Jahre lang hat August Wurm aus dem Waldgrundstück am Steinberg ein kleines Paradies geschaffen. In der Baumschule hat August Wurm seine Leidenschaften vereinen können. Hier hatte er Kuriositäten, die die Natur geschaffen hat, ausgestellt, hier lud er samstags zum "Literarischen Café" ein und hier hatte er für die vielen kleinen Besucher eine weit schwingende Baumschaukel installiert. Hier gab es aber auch die Waldbühne, auf der Theaterstücke, Konzerte und Literaturabende veranstaltet wurden. Oft trat August Wurm sogar selber auf. Immens war das botanische Wissen des Gärtners, dessen Leidenschaft die Rosenveredelung war. Besucher bewunderten die unzähligen sorgfältig beschrifteten Vasen mit den unterschiedlichsten Kräutern und Heilpflanzen, die er in seiner Baumschule aufgereiht und jahrelang am Jexhof zu Maria Himmelfahrt für die Kräuterweihe ausgestellt hatte.

August Wurm stammte aus einer Gilchinger Gärtnerfamilie und hat selbst eine Gärtnerlehre in Starnberg gemacht. Sein Vater starb früh, so dass die Mutter die 13 Kinder alleine aufziehen musste. Der zweite Weltkrieg bedeutete eine Zäsur im Leben des tief gläubigen Verstorbenen. Der junge Mann wurde an die Front beordert und kam in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er sich unter schwierigsten Umständen rettete. In dieser schweren Zeit trugen ihn die vielen Gedichte, die er schon als junger Mann auswendig konnte. Einige Jahre arbeitete er später als Gärtner in Finnland, England, Frankfurt und Hamburg. Zurück in der Heimat lernte er 1960 seine Frau Brigitte kennen. Die beiden bekamen zwei Töchter.

Nachdem er aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeit im Botanischen Garten aufgeben musste, arbeitete August "Gustl" Wurm die letzten zwölf Jahre seines Berufslebens als Bibliothekar in der Klosterbibliothek Sankt Anna. Der Austausch mit Gelehrten und Wissenschaftlern waren für den Feingeist eine unglaubliche Bereicherung. Im Ruhestand verbrachte Wurm einen Großteil seiner Zeit in seiner Baumschule. 60 Fotoalben voller Bilder und Texte zeugen von den vielfältigen Veranstaltungen und Treffen inmitten der Natur.

© SZ vom 08.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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