Gericht:Zufallsfund im Tresor

Lesezeit: 2 min

Polizei entdeckt bei 68-Jährigem Waffenteile für Kalaschnikows

Von Christian Deussing, Starnberg

Es war ein überraschender Fund, den die Fahnder am frühen Morgen in dem Haus im Landkreis Starnberg machten. Eigentlich suchten sie vor zwei Jahren nach Datenträgern und Beweisen gegen den Mann, dem die erwachsene Tochter vorgeworfen hatte, er habe sie als Kind sexuell missbraucht. Stattdessen entdeckten die Kripobeamten im Arbeitszimmer des Verdächtigen laut Anklage etwas anderes: in einem unverschlossenem Tresor Waffenteile für drei vollautomatische Kalaschnikows und 28 Patronen. Der 68-Jährige musste sich daher am Mittwoch vor dem Schöffengericht Starnberg wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes von Kriegswaffen und Munition verantworten. Er wurde zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt.

Das Verfahren wegen des angeblichen Missbrauchs ist dagegen längst eingestellt worden. Das stellte der Verteidiger gleich zu Beginn des Prozesses klar. Denn die "abwegigen und falschen Behauptungen der Tochter" hätten sich nicht bestätigt. Hier gehe es nun um ein anderes Verfahren, so das Gericht und vor allem der Anwalt. Demnach habe sein Mandant vor vier Jahren auf einem Flohmarkt ein Möbelstück gekauft und darin zufällig die Waffenteile und Patronen gefunden. Er habe das Zeug - entgegen der Anklage - in einem Safe tatsächlich verschlossen gehabt und auch nie wieder angefasst, sagte der Verteidiger in der Verhandlung.

"Ich habe es eingeschlossen und vergessen", beteuerte der Angeklagte. Auch wegen seines 18-jährigen Sohnes sei ihm die Verantwortung natürlich bewusst gewesen. Dieser habe zwar von dem Tresor gewusst, aber nichts vom dem Inhalt erfahren - wie die gesamte Familie. Umso erstaunter sei der Sohn über den Fund der Polizei gewesen. Denn die Waffenteile habe dieser aus dem Internet gekannt, berichtete der angeklagte Vater vor dem Schöffengericht.

Diese Einschätzung bestätigte ein Kripobeamter in seiner Aussage. Der Sohn sei in das Zimmer gekommen und habe verwundert auf die Entdeckung reagiert. "Der war überrascht, aber auch begeistert gewesen", erinnerte sich der Ermittler. Der Zeuge verwies aber auch darauf, dass die Waffenteile nicht schussfähig gewesen seien. Auch das entlastete den geständigen Angeklagten, der sich laut Kripo schon bei der Durchsuchung kooperativ und freundlich verhalten habe.

Die Staatsanwältin ging von einem minder schweren Fall aus und revidierte zudem den Vorwurf, der Tresor sei nicht versperrt gewesen. Überdies habe der Mann die Kriegswaffen und Munition nicht gezielt erworben, sondern in dem Möbelstück nur gefunden. Es hätte aber dem Angeklagten bewusst sein müssen, dass man diesen Fund abzugeben habe, so die Strafverfolgerin, die eine Bewährungsstrafe von neun Monaten forderte. Der Verteidiger hielt hingegen eine Geldstrafe für ausreichend.

Diesem Antrag folgte auch Richterin Christine Conrad. Die eingezogenen Waffen seien gut weggesperrt und nicht einsatzfähig gewesen, deshalb sei von ihnen keine Gefahr ausgegangen, sagte die Richterin. Der Besitzer sei immer straffrei geblieben und habe keine kriminelle Gesinnung. Doch dessen Behauptung, er habe die Waffenteile "vergessen", glaubte ihm das Gericht nicht. Denn der ideelle Wert habe wohl einen gewissen Reiz ausgeübt, sie zu behalten.

© SZ vom 27.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: