Gericht:Wüste Drohungen

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61-Jähriger legt Einspruch nach Strafbefehl wegen offenbar falscher Anschuldigungen ein

Von Christian Deussing, Starnberg

Die Beziehung war nicht mehr zu retten. Der Mann wurde von seiner Ex-Lebensgefährtin dann auch noch bezichtigt, sie beim Auszug vor fast zwei Jahren aus der gemeinsamen Wohnung in Starnberg bestohlen zu haben. Und: Angeblich drohte er einem ihrer Söhne, ihn mit einem Bundeswehrmesser abzustechen. Daraufhin hatte der Angeklagte einen Strafbefehl von 80 Tagessätzen zu 40 Euro, also 3200 Euro, erhalten. Doch im Prozess am Starnberger Amtsgericht stritt der 61-Jährige diese Vorwürfe als "Hirngespinste" ab. Es sei umgekehrt gewesen, der Sohn habe ihn genau mit diesen Worten bedroht. Zudem hätten die angeblich gestohlenen Sachen ihm gehört - bis auf einen billigen Discounter-Fön.

Laut Anklage waren unter anderem ein Grill, ein Werkzeugkasten und Hausrat im Gesamtwert von 1000 Euro entwendet worden. Doch das Verfahren wurde nun eingestellt. Denn die Amtsrichterin und auch die Staatsanwältin hegten Zweifel an den Anschuldigungen der früheren Freundin, die Strafanzeige erstattet hatte. Zudem waren die Kontrahentin und ihr auch geladener Sohn unentschuldigt nicht zur Verhandlung gekommen, in der sie als Zeugen aussagen sollten.

Die Eltern und die vorherige Gefährtin des angeklagten Mannes versicherten glaubwürdig, dass ihm der Weber-Grill geschenkt worden sei. Die Frau kannte noch gut die weiteren Besitzgüter aus früheren gemeinsamen Zeiten. Darunter hätten sich große Töpfe, hochwertige Sauna- und Badetücher, Deko-Artikel und auch ein Fahrrad befunden, dessen Reifen allerdings zerstochen worden seien, berichtete die Zeugin dem Gericht.

Die Frau erzählte auch von Handy-Anrufen des Sohnes aus Starnberg: Der junge Mann habe dem Angeklagten am Telefon gedroht, zum neuen Wohnort des 61-Jährigen zu kommen und ihn umzubringen. "Ich hatte noch Wochen danach Angst", sagte die 64-Jährige. Zumal ihr auch Fotos von den Söhnen gezeigt worden seien, auf denen sie mit Messer und Sturmhaube in ihrer Starnberger Wohnung herumgelaufen seien.

Der Angeklagte verwies darauf, dass er auch nach seinem Rauswurf aus der Wohnung noch immer die Miete gezahlt habe und sich immer drei Tage vorher anmelden musste, wenn er seine Post abholen wollte. Als ein Termin mal wieder nicht eingehalten worden sei, habe er über einen Schlüsseldienst die Wohnungstür öffnen lassen, um seine Sachen abholen zu können.

Nach dem erfolgreichen Einspruch gegen den Strafbefehl überlegt jetzt der Verteidiger, Gegenanzeige wegen "falscher Verdächtigung" zu erstatten. Die Richterin hofft indes, dass in dem Fall Frieden einkehrt.

© SZ vom 04.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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