Gericht:Mit Zlatan im Gebüsch

Lesezeit: 2 min

35-Jähriger raubt im Rausch die Pappfigur eines Fußballstars

Von Armin Greune, Krailling

Auf der Party habe er schon den ganzen Abend ein Auge auf den Kerl geworfen: "Ich wollte ihn unbedingt haben", sagt der Angeklagte. Schließlich schnappte er sich das Subjekt der Begierde, klemmte es sich unter den Arm und rannte davon, wobei er zwei Verfolgern entkam. Seine Beute war eine lebensgroße Pappfigur des schwedischen Stürmerstars Ibrahimović: "der Zlatan", wie er im Lauf der Verhandlung auch den weniger Fußballaffinen im Gerichtssaal vertraut wird. Er sei mit dem Zlatan eine gefühlte Stunde lang flach in den Büschen gelegen, "völlig in Panik", um sich vor den Häschern zu verstecken, sagt der 35-jährige Münchner aus. Dabei sei er kurz eingenickt und habe sich "leider noch mal übergeben", schließlich hatte er fast zwei Promille Alkohol im Blut. Die innige Beziehung mit dem Pappkameraden hielt aber nicht lange: Als der Angeklagte auf der Taxisuche zurück zum Fest ging, entdeckte ihn der wahre Eigentümer der Figur, rief die Polizei und ließ dem Dieb den Zlatan wieder abnehmen.

Was sich bis hier wie eine alkoholselige Posse oder ein Lausbubenstreich liest, hat erhebliche strafrechtliche Konsequenzen. Weil der 35-Jährige bei der Flucht dem 48-jährigen Zlatan-Besitzer einen Hieb versetzt haben soll, um die Beute zu sichern, wird er des räuberischen Diebstahls beschuldigt. Die Mindeststrafe dafür beträgt ein Jahr Haft, deshalb tagt in Starnberg auch ein dreiköpfiges Schöffengericht. Zudem ist der 48-Jährige bei der Attacke gestürzt und hat sich Stücke von zwei Schneidezähnen herausgebrochen, was die Vorsitzende Richterin Christine Conrad als "relativ schwere Verletzungen" ansieht. Die Zahnreparatur kostete 275 Euro.

Der Vorfall hatte sich im Juli 2018 nach der Sommerfete eines Betriebs im Kraillinger Gewerbegebiet KIM ereignet. Weil "Schweden" als Festmotto gewählt wurde, hatte der 48-Jährige die Zlatan-Figur für eine Fotobox aufgestellt. Vor Gericht gibt der Marketingspezialist an, er sei von einer bewussten Abwehrbewegung des 35-Jährigen zu Boden gestreckt worden: "Er wollte mich abschütteln und hat mich in der Umdrehbewegung erwischt". Der Angeklagte bestreitet zwar, für die Körperverletzung verantwortlich zu sein und behauptet, es sei zu keiner körperlichen Auseinandersetzung gekommen - doch das Gericht befindet, der Geschädigte habe "ohne Belastungseifer und sehr glaubwürdig agiert", sagt Conrad. Es verurteilt den 35-Jährigen zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und vier Monate auf Bewährung, als Auflage muss er 3000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Auch die Pappfigur ist nicht ungeschoren davongekommen: "Der Zlatan ist im Nachhinein beschädigt gewesen, den konnten wir nicht mehr brauchen", sagt der 48-Jährige. Der Aufsteller habe nur 30 Euro gekostet, aber der ideelle Wert war für alle Beteiligten offensichtlich viel höher.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: