Gehweg-Streit:Tutzing will Wanners Ehefrau enteignen

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Bürgermeister Rudolf Krug möchte den Konflikt beenden. Der Ex-Rathauschef, der in der Auseinandersetzung als Rechtsbeistand seiner Frau fungiert, spricht hingegen von "durchsichtiger Drohkulisse"

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Im Rathaus hat man jetzt genug von dicken Packen an Schriftsätzen und fruchtlosen Verhandlungen im Gehweg-Streit mit dem früheren Bürgermeister Stephan Wanner. Ein Enteignungsverfahren soll die Posse beenden. Der Gemeinderat hat beschlossen, einen entsprechenden Antrag auf ein "Besitzeinweisungsverfahren", wie es in diesem Fall offiziell heißt, ans Landratsamt zu richten. Der Antrag soll nach den Worten von Bürgermeister Rudolf Krug "in Kürze" ans Landratsamt gehen. Juristisch wasserdicht. Denn einen "Schnellschuss" wolle man sich bei Wanners bekannter Prozessfreudigkeit nicht erlauben.

Seit mehr als sechs Monaten ist der Gehsteig vor dem Wanner-Anwesen an der Oskar-Schlüter-Straße gesperrt. Kauf-Verhandlungen mit der Eigentümerin des Grundstückstreifens, Beatrice Rösch-Wanner, liefen ins Leere. Als ihr Rechtsbeistand fungiert ihr Mann und Ex-Bürgermeister Stephan Wanner. Ein Schreiben vom 29. Januar mit einem erhöhten Kauf-Angebot der Gemeinde und dem Signal, dass man gerne ein Enteignungsverfahren vermeiden wolle, brachte Krug zufolge ebenso wenig, wie eine Fristsetzung bis Anfang März. "Die Angelegenheit friedfertig zu lösen, wurde ignoriert", bedauert der amtierende Rathauschef.

Vielmehr reichte Wanner beim Landratsamt eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Gemeinde Tutzing und eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Krug ein. Wanner hatte unter anderem moniert, dass die Gemeinde sich geweigert hatte, einen mehrseitigen Fragenkatalog zu beantworten und mit Enteignung drohe. Das Landratsamt hat beide Aufsichtsbeschwerden zurückgewiesen. "Der Fragenkatalog rund um die Straßengrundabtretung ist eine Sache des Privatrechts", erklärt Sprecher Stefan Diebl. "Unsere Rechtsaufsicht ist dabei außen vor." Fragen der Enteignung wiederum seien erst im Verfahren zu prüfen. Das sieht Diebl zufolge vor, dass beide Beteiligten um eine Stellungnahme gebeten würden. Es folge eine mündliche Verhandlung. Erst dann werde entschieden, ob man der "Besitzeinweisung", also der Grundstücksübertragung, stattgebe, wobei von einer Entschädigung für den Eigentümer auszugehen sei. Die Fälle, zuletzt etwa bei Grundstücken für die Weßlinger Umfahrung, würden "in der Regel relativ zügig entschieden". Es könnten aber Rechtsmittel eingelegt werden, was dann zum Verwaltungsgericht führe.

Stephan Wanner ist vom beschlossenen Verfahren noch nicht offiziell informiert. Er zeigt sich jedoch kämpferisch: "Anstelle das sachliche Gespräch zu suchen, wird mit einer aussichtslosen Enteignung gedroht und eine durchsichtige Drohkulisse aufgebaut", sagte er auf SZ-Nachfrage. "Die Entscheidungen der Gemeinde Tutzing werden immer absurder." Nach seiner Ansicht habe die Gemeinde einen Vertrag aus dem Jahr 1964 in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach verletzt. "Die Bauerlaubnis für den Gehweg hat der Rechtsvorgänger meiner Mandantin ( der Vater von Beatrice Rösch-Wanner, Anm. d. Red.) nicht erteilt", betont Wanner. Trotzdem sei der Gehweg einfach gebaut worden. Die Gemeinde habe das vereinbarte Verfahren über die Findung eines etwaigen Kaufpreises in mehreren Verhandlungen immer wieder verletzt und habe den Grundbesitz unentgeltlich gewollt. "Jetzt versteckt sie ihren wiederholten Vertragsbruch sogar hinter einem Enteignungsverfahren und will sich so den Grundbesitz verschaffen. Unglaublich!", schreibt Wanner.

Unglaublich findet Gemeinderat Wolfgang Marchner (Bürger für Tutzing) das Auftreten des Ex-Rathauschefs, der seine Reputation verspiele. "Jeder hält doch diese Bürgersteig-Geschichte in Tutzing für ein Kuriosum." Die Blockade des Gehwegs sei als Dauerzustand nicht hinzunehmen, darin seien sich die Gemeinderäte einig. Zumal alle anderen Eigentümer längst die Flächen übertragen hätten - kostenlos.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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