Gautinger Mädchenheim:Psychologe mit Ausdauer

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Neben der Jugendhilfe in Gauting soll Frank Woltmann sich auch um die Betreuung unbegleiteter männlicher Flüchtlinge in Gilching kümmern. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Frank Woltmann ist neuer Leiter des Caritas-Mädchenheims in Gauting. Beim Laufen an der Würm erholt er sich von der beruflichen Belastung

Von Blanche Mamer, Gauting

Er kennt das Gautinger Mädchenheim gut, schließlich arbeitet er schon acht Jahre dort, seit vier Jahren als stellvertretender Leiter, trotzdem hat Frank Woltmann derzeit ziemlich viel um die Ohren. Anfang Juli hat er die Nachfolge von Bernhard Stadler als Leiter angetreten, der sich nach 30 Jahren in den Ruhestand verabschiedet hat.

"Das wird schon", sagt der 49-jährige Psychologe mit Schwerpunkt Familien- und Verhaltenstherapie. Im Moment jagt ein Termin den nächsten, ständig wird er am Telefon verlangt, dazu ist seine Anwesenheit im Heim gerade in der Übergangsphase dringend erforderlich. Sein Arbeitstag könnte also gut doppelt so lang sein. Doch er lässt sich nicht stressen, bleibt ruhig, auch beim dritten Anruf innerhalb von zehn Minuten klingt er konzentriert und gelassen.

Zur Entspannung will Woltmann später noch eine Laufrunde einlegen, seinen grauen Anzug ausziehen und gegen die Jogginghose tauschen. Oft läuft er auch in der Mittagspause an der Würm durch das Mühltal nach Starnberg und zurück. "Das ist ein Paradies hier", findet er. Seit Jahren läuft er Marathon, heuer hat er zum ersten Mal seit zehn Jahren keine Zeit, um an einem der großen Wettrennen teilzunehmen. Schließlich hat er ein großes Pensum vor sich, er hat nicht nur die alleinige Verantwortung für die intensiv-therapeutische Jugendhilfeeinrichtung der Caritas in Gauting, sondern muss auch eine neue Betreuungseinrichtung für unbegleitete männliche minderjährige Flüchtlinge in Gilching aufbauen.

"Dieser Bereich wird stark erweitert", sagt Woltmann. Im September werden 30 junge Männer im ehemaligen Hotel Thalmeier an der Sonnenstraße in Gilching untergebracht. "Wir sind mitten in der Organisation. Da geht es nicht nur um den kompletten Umbau des Gebäudes, sondern parallel auch um die Einstellung von neuen Mitarbeitern." Geeignetes Personal zu finden, werde schwierig, da der Bedarf an Sozialpädagogen, Therapeuten und Betreuern schon jetzt kaum gedeckt werden könne. "Es wird sicher einige Überschneidungen mit unseren Therapeuten und Pädagogen geben und wir werden Mitarbeiter so auswählen, dass sie wenn möglich in beiden Bereichen eingesetzt werden können", meint Woltmann.

Derzeit leben 56 Mädchen im Alter von 13 bis 18 Jahren in acht Wohngruppen auf dem Gelände an der Starnberger Straße. Sechs sind geschlossene Wohngruppen für Mädchen, die vom Gericht eingewiesen wurden; dazu kommen zwei offene Gruppen. Dem Heim angeschlossen sind die Agnes-Neuhaus-Schulen, ein Förderzentrum für emotionale und soziale Entwicklung, mit Mittelschule, Berufsschule und Klassen zur individuellen Lernförderung. Zuständig ist die Caritas auch für 30 Flüchtlingsmädchen, die in betreuten Wohngemeinschaften auf dem Gelände in Gauting sowie in München untergebracht sind. Vier der Flüchtlingsmädchen besuchen die Schule des Mädchenheims, ein paar gehen in die Schlau-Schule in München. "Es gibt einige Gemeinsamkeiten bei den Jugendlichen, aber auch große Unterschiede. Unsere Mädchen sind verhaltensauffälliger und oft Schulverweigerer, die Flüchtlingsmädchen sind traumatisiert, doch sie wollen unbedingt Bildung", erklärt der neue Heimleiter. Es gebe zwar Sprachbarrieren, "doch wir sehen, dass sie lernen wollen."

Woltmann selbst lebt mit seiner Familie in Rosenheim. Seine beiden Söhne sind mitten in der Pubertät. "Ich komme diesem Alter einfach nicht aus", sagt er und schmunzelt.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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