Gautinger Bosco:Schatzinseln und Götterspeise

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Das Kulturzentrum setzt in seinem neuen Programm auf eine Mischung aus Unterhaltung und Aufklärung. Zu Wort kommen Kabarettisten genauso wie Lyriker und Irak-Kenner

Von Armin Greune, Gauting

Mehr als 26 000 Zuschauer haben heuer Konzerte, Ausstellungen, Aufführungen und Lesungen im Bosco besucht. Seit der Eröffnung des Musentempels vor zehn Jahren ist der Publikumszuspruch stetig gewachsen, aber auch der Anspruch der Veranstalter: Für die ersten Monate des kommenden Jahres hat das Bosco-Team ein ebenso hochkarätiges wie ambitioniertes Programm zusammengestellt. "Wir wollen nicht nur schöngeistiges Entertainment bieten, sondern auch Reibungsfläche sein", sagt Werner Gruban, stellvertretender Leiter des Theaterforums: "Kultur muss auch aufklären, bilden und widersprechen, im besten Sinne aber immer politisch sein."

Unter diesem Gesichtspunkt stehen im April "Länder an der Schwelle" und darunter vor allem der Irak und Kurdistan im Blickpunkt: Am 10. April wird in dem Kulturzentrum eine Fotoausstellung von Martin Weiss zu dem Thema eröffnet. Weiss, außenpolitischer Referent der SPD-Bundestagsfraktion, und der Deutsche Welle-Redakteur Abbas al-Khashali informieren dazu in Vorträgen über die aktuelle Lage im Irak. Am 15. April liest die Islamwissenschaftlerin und Ethnologin Carola Wegerle aus ihrem Roman "Die Irak-Mission" , der die Arbeit von Ärzten im Nordirak wiedergibt. Dazu tritt die deutsch-kurdische Schauspielerin, Liedermacherin und Sängerin Berivan Kaya mit Band auf.

Ernst Matthias Friedrich liest Herrndorf.

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(Foto: Nila Thiel)

Stefan Wilkening kommt mit Maria Reiter.

Kabarettistin Simone Solga ist wieder im "Auftrag ihrer Kanzlerin" unterwegs.

Drei Filme runden den Programmschwerpunkt ab: "Schildkröten können fliegen" von Bahman Ghobadi - der erste irakische Spielfilm nach dem Sturz Saddam Husseins - spielt in einem kurdischen Flüchtlingslager, er wird am 12. April gezeigt. Karazan Kasders "Bekas" (26. April) schildert das Schicksal zweier kurdischer Waisenkinder. Der Episodenfilm "Babel" von Alejandro González Iñárritu illustriert globale Verflechtung und kulturelle Differenz vor dem Hintergrund von Gewalt und menschlichen Abgründen und wird am 10. Mai vorgestellt.

Weiter sind für politische Akzente im neuen Bosco-Programm wie immer die Kabarettisten zuständig: Stephan Zimmer (21. Januar), Christian Springer (28. Januar), Vince Ebert (17. Februar), Tina Teubner (27. Februar), Simone Solga (7. April), Robert Griess (22. April) und Horst Evers (28. April) geben Gastspiele in Gauting. Dem 2013 gestorbenen Schriftsteller Wolfgang Herrndorf sind zwei Abende gewidmet: Am 9. Januar liest der Gautinger Schauspieler Ernst Matthias Friedrich aus Herrndorfs Blog "Arbeit und Struktur". Tags darauf führt das Staatsschauspiel Dresden "Bilder deiner großen Liebe" nach dem letzten, unvollendeten Roman Herrndorfs auf. "Ein leiser poetischer Theaterabend", fand die SZ-Rezensentin.

Fortgesetzt wird Gerd Holzheimers literarische Serie "Kunstkammern": Am 27. Januar entführt der Gautinger Autor mit der Sprecherin Angelika Krautzberger zu "Schatzinseln"; am 24. Februar öffnen Holzheimer und Esther Kuhn die erotische Kunstkammer. Lyrik steht am 10. März im Fokus, wenn die neue Ausgabe des Jahrbuchs "Das Gedicht" im Bosco präsentiert wird. Zum Thema "Götterspeise und Satansbraten" lesen Herausgeber Anton G. Leitner und viele Autoren Poesie, die vom Essen und Trinken handelt. Einen literarisch-musikalischen Abend mit heiteren Gedichten von Busch bis Gernhardt gestalten der Schauspieler Stefan Wilkening und die Akkordeonistin Maria Reiter unter dem Motto "Der Vogel, scheint mir, hat Humor" am 6. April.

Das Schauspiel Frankfurt gastiert am 3. März mit der "Blechtrommel" nach Günter Grass: Nico Holonics hat in der Rolle des Oskar Matzerath sämtliche Kritiker restlos begeistert. Am 20. und 21. April wird das Berliner Ensemble "Familie Flöz" sein Puppen-, Masken- und Schauspiel "Haydi" zeigen, das heuer als beste Komödie mit dem Monica-Bleibtreu-Preis ausgezeichnet worden ist. Die weiteren Schauspielproduktionen, die 2016 im Bosco gezeigt werden, stehen noch nicht fest.

Stefan Wilkening kommt mit Maria Reiter. (Foto: Nila Thiel)

Zum Tee bei Sabine Zaplin sind der Illustrator Bernd Wiedemann (21. Februar), der Erzähler Fridolin Schley (28. Februar) und ein Überraschungsgast am 17. April eingeladen. Das Philosophische Café setzt Professor Joachim Kunstmann am 28. Februar mit den Themen "Arbeit und Muse" und mit "Heil und Heilung" am 28. Februar und 17. April fort. Das umfassende Musikprogramm im Bosco wird die SZ in einer der nächsten Ausgaben vorstellen.

© SZ vom 29.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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