Gauting:Zauberkunst

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Das Gautinger Benefizkonzert für Erdbebenopfer in Nepal

Von Reinhard Palmer, Gauting

Die Welt ist aus den Fugen. Hilfe wird an allen Ecken und Enden benötigt, und Hilfsorganisationen haben es schwer, genügend Unterstützer zu finden. Der in Gauting angesiedelte deutsche Zweig von ASIA wirbt dafür seit jeher mit Konzerten. Dass sie auch noch zu kulturellen Höhepunkten werden, ist nicht nur dem Engagement der Geschäftsstellenleiterin und Cellistin Gisela Auspurg zu verdanken, sondern vor allem dem international renommierten Cellisten Wen-Sinn Yang, einem Förderer der ersten Stunde. Auch diesmal ist es ihm gelungen, das Benefizkonzert im Gautinger Bosco zugunsten der Erdbebenopfer in Nepal mit sechs hochkarätigen Kolleginnen und Kollegen zu besetzen. Vier davon aus Gauting.

Dass sich die Ränge im Kulturhaus so gut füllten, war gewiss auch dem "Forellenquintett" von Schubert im Programm zu verdanken, das zu den beliebtesten Werken der Kammermusik gehört. Erst recht, wenn die Interpreten so feingliedrig aus zierlichen Details Preziosen ziselieren, wie die Primaria Lena Neudauer (Violine), der erste Konzertmeister der Bayerischen Staatsoper, Markus Wolf (hier an der Bratsche), Yang, Juan Sebastián Ruiz (Kontrabass) und Paola de Piante Vicim (Klavier). An Leichtigkeit und Frische im fein lasierten Kolorit war die Interpretation wohl kaum zu überbieten. Lyrische Passagen, das Andante insgesamt, tarierten behutsam einen im Ton warmen, nostalgisch grundierten Ensembleklang aus, mit dem auch das Forellenthema lieblich verzauberte. Was fesselte, war vor allem das schlüssige Changieren hin zu schwungvoller Musizierlust und volkstümlicher Ausgelassenheit, andererseits zu luftiger Spritzigkeit oder feinsten Rücknahmen ins Träumerische.

Damit war das Ensemble aber noch lange nicht am Ende seiner Zauberkunst. Mit der zweiten Bratschistin Hiyoli Togawa und mit Adrian Oetiker am Klavier nahm sich das Sextett hausmusikalisch entspannt und mit einem selten erlebten Spaß an der Sache ein Werk des frühreifen Mendelssohn vor, der fünfzehnjährig mit seinem op. 110 ein Feuerwerk an eingängigen Themen und schillernden Farben kreiert hatte. Die Lyrik Schuberts geriet bei Mendelssohn in Schwärmerei mit satter Substanz. Hier waltete die reine Musizierlust, doch nicht ohne innezuhalten: Das Adagio erklang in stiller, fast schon sakraler Inbrunst, wie sich auch sonst die lyrischen Passagen in die Breite ergossen. Doch die Feingliedrigkeit ging nicht verloren und ließ Zähigkeit auch hier nicht zu.

Der finale Spannungsaufbau, der sich mit einer sinnenfreudigen Schlusseruption entladen sollte, ließ keine Zweifel daran, dass lange, frenetische Ovationen folgen würden. Hätte man bloß dieses Freudenpaket nach Nepal schicken können!

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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