Gauting:Vierter Anlauf zur Netzübernahme

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Peter Drausnigg, der Geschäftsführer des Regionalwerks Würmtal, soll künftig nicht nur Strom verkaufen, sondern auch als Berater und Vermittler auftreten. (Foto: Georgine Treybal)

Das Regionalwerk Würmtal der Gemeinden Gauting, Krailling und Planegg rechnet sich aufgrund einer neuen Rechtslage Chancen aus, die Stromleitungen des Bayernwerks zu bekommen. Das Vergabeverfahren beginnt von vorn

Von Michael Berzl, Gauting

Die Geschichte des Regionalwerks Würmtal ist zwiespältig: Als Stromverkäufer ist das kleine Unternehmen in der Hand der drei Gemeinden Gauting, Krailling und Planegg recht erfolgreich, gut 2000 Kunden hat es mittlerweile. Doch der Versuch, das Stromnetz in diesen Gemeinden zu übernehmen, ist bislang kläglich gescheitert. Nun folgt der nächste Anlauf; zugleich erhält das Regionalwerk zusätzliche Aufgaben. Das haben nacheinander die Gemeinderäte in den beteiligten Kommunen entschieden.

Nach einer teuren Niederlage vor Gericht rechnen sich die drei Würmtal-Gemeinden diesmal bessere Chancen aus, denn inzwischen liegt auch ein Leitfaden der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts vor, an dem sie sich orientieren können, es gibt ein neues Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs, und auch eine Gesetzesänderung kann bei der erneuten Ausschreibung berücksichtigt werden. Die Bürgermeisterinnen Brigitte Kössinger in Gauting und Christine Borst (Krailling) sowie ihr Planegger Amtskollege Heinrich Hoffmann arbeiten dabei weiterhin mit der einschlägig erfahrenen Anwaltskanzlei Becker-Büttner-Held zusammen. Deren Juristen hatten auch die vorherige Ausschreibung vorbereitet, die gescheitert war. Dabei waren die Münchner Stadtwerke noch als Partner mit im Boot. Das Oberlandesgericht in München war jedoch in einem Urteil im Dezember 2013 zu dem Ergebnis gekommen, dass Verträge nichtig sind, die die Würmtal-Gemeinden geschlossen haben, weil es bei der Vergabe der Stromkonzession nicht mit rechten Dingen zugegangen war.

Vor allem kritisierten die Richter vertraglich vereinbarte Privilegien für die Münchner Stadtwerke, denen unter anderem hohe Renditen zugesagt worden waren. Inzwischen haben die Stadtwerke ihren Anteil am Regionalwerk jedoch abgegeben, so dass es derzeit komplett den beteiligten Kommunen gehört.

Nun beginnt das gesamte Vergabeverfahren zum vierten Mal für die Stromkonzession wieder von vorne; es ist mittlerweile mindestens die vierte Variante einer Ausschreibung, die nun veröffentlicht wird. Zwei Schritte sollen zum Ziel führen: Zuerst suchen sich die Gemeinden wieder einen Kooperationspartner für ihr Regionalwerk, das mit seiner jetzigen Ausstattung logistisch noch gar nicht in der Lage wäre, ein Stromnetz zu betreiben. Per Bekanntmachung werden Interessenten gesucht. In einem zweiten Schritt schreiben die Gemeinden den Konzessionsvertrag aus, der die Nutzung von Grund und Boden für Stromleitungen und die dazu gehörige Infrastruktur enthält. Wer Kooperationspartner wird und wer später die Stromkonzession bekommt, ist völlig offen. Eine erneute Zusammenarbeit mit den Münchner Stadtwerken wäre ebenfalls denkbar.

Vier Jahre nach Gründung des Regionalwerks stehen die beteiligten Würmtal-Gemeinden in ihrem Bemühen somit am Anfang, dem aus Eon hervorgegangenen Bayernwerk das Stromnetz abzunehmen. Währenddessen betreibt weiterhin das Bayernwerk das Stromnetz im Würmtal mit etwa 26 000 Hausanschlüssen - allerdings ohne dazu eigentlich nötigen Konzessionsvertrag, denn der ist schon seit Jahren ausgelaufen.

Zugleich erweitern die drei beteiligten Würmtal-Gemeinden nun auch das Aufgabengebiet ihres Regionalwerks mit Sitz in Gauting, dessen Gesellschaftszweck ursprünglich rein auf den Netzbetrieb und den Stromverkauf beschränkt war. Nach dem neuen Gesellschaftervertrag könnte das Unternehmen unter anderem auch Gas- und Wasserversorgung übernehmen, ein Nahwärmenetz oder ein Schwimmbad betreiben, dezentrale Energieversorgungen aufbauen und begleiten. Dass sich das Regionalwerk künftig auch im Gasvertrieb engagiert war bisher nicht vorgesehen, denn diesen Aufgabenbereich wollten sich die Münchner Stadtwerke selbst vorbehalten, wie Gautings Bürgermeisterin Kössinger sagte.

Auch diese Änderungen sind nacheinander in den vergangenen Wochen in den Gemeinderäten in Gauting, Krailling und Planegg einhellig beschlossen worden. Die neue Ausrichtung entspricht damit ganz den Zielvorstellungen von Regionalwerk-Geschäftsführer Peter Drausnigg, der sich schon lange nicht nur als Stromverkäufer, sondern vor allem als Berater und Dienstleister im Bereich der Energiewirtschaft sieht.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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