Gauting:Umzug ohne Abschied

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Für Ricarda Heitkämper (li.) und ihre Mutter Christine heißt es packen und Abschied von ihrem Stoffladen "Rosequilts" in Gauting zu nehmen. (Foto: Arlet Ulfers)

Geschäftsfrauen bangen, ob sie mit dem Mobiliar ihres Stoffladens "Rosequilts" in Österreich einreisen dürfen

Von Blanche Mamer, Gauting

Die Corona-Pandemie hat ihre Pläne gehörig durcheinander gewirbelt und ihnen viele schlaflose Nächte bereitet: Für Ricarda und Christine Heitkämper ist es schon schwer genug, ihre Zelte in Gauting abzubrechen und mit ihrem kleinen Stoffladen "Rosequilts" aus der Starnbergerstraße wegziehen zu müssen. Schweren Herzens hatte sich die Geschäftsfrau zusammen mit ihrer Mutter Christine Heitkämper entschieden, im April nach Klein Sankt Paul nahe Klagenfurt in Kärnten umzuziehen und dort neu zu beginnen. Denn nach eineinhalb Jahren erfolgloser Suche nach neuen Ladenräumen plus Wohnung für sich und ihre drei alten Katzen in ganz Oberbayern hatten sie Anfang März in Kärnten den Mietvertrag mit einer befreundeten Familie unterschrieben. Doch das nächste Problem wartete schon: "Wir wissen noch nicht, wann wir nach Österreich einreisen dürfen", sagt Ricarda Heitkämper.

"Das Coronavirus hat unsere Pläne für die letzten Wochen in Gauting vermasselt." Statt eines Sonderverkaufs und eines Abschiedsfestes mit den treuen nähbegeisterten Kunden und dem schrittweisen Loslösen vom Fünfseenland mussten sie vor zwei Wochen den Laden schließen, den Kontakt zu den Kundinnen abrupt abbrechen. Hinzu kam die Ungewissheit. Denn mit der Schließung der Grenzen zu Österreich mussten Umzug und Einreise auch unbestimmte Zeit verschoben werden. Eigentlich war der Umzugswagen für Möbel und Stoffe bereits für vergangenen Donnerstag bestellt und musste abgesagt werden. Nach zahlreichen Anfragen bei verschiedenen Ämtern bis zur österreichischen Botschaft konnte die Spedition jetzt für kommenden Mittwoch, 15. April, fest gebucht werden.

Doch ob die Geschäftsfrauen dann auch einreisen dürfen ist noch nicht ganz sicher. Ricarda Heitkämper gibt sich optimistisch: "Wir müssen auf jeden Fall zwei Wochen in häusliche Quarantäne. Ob das aber reicht, konnte uns bis heute niemand garantieren", sagt sie. Für die Miezen gebe es wohl keine Schwierigkeiten an der Grenze, sie hätten einen Europäischen Impfpass, scherzt Heitkämper. Sie setzt ihre ganze Hoffnung auf die Lockerung der Corona-Auflagen, wie sie Bundeskanzler Sebastian Kurz angekündigt hat. Demnach dürften in Österreich kleine Geschäfte nach Ostern wieder öffnen. Für "Rosequilts" könnte das bedeuten, dass nach Umzug und Einräumen plus Quarantäne im Mai der Neuanfang gelingt. "Wir sind bereits in Österreich gemeldet und haben auch schon die Genehmigung für den Laden, doch wir müssen ja erst mal die 400 Kilometer hinter uns bringen", sagt die Stoff- und Quiltexpertin. Eigentlich hatten sie sich schrittweise von Gauting lösen wollen, hatten einen Sonderverkauf geplant, ein Abschiedsfest mit den treuen Kunden. Doch dann mussten sie abrupt schließen, es blieb keine Zeit und die Kontaktbeschränkungen verhinderten, sich richtig zu verabschieden.

Vorerst haben die Heitkämpers keine Zeit, trüben Gedanken nachzuhängen. "Wir haben so viel Arbeit und so viel Stress, dass wir gar nicht dazu kommen, richtig um unser nettes kleines Häuschen hier zu trauern", sagt Ricarda Heitkämper. Sie muss ziemlich viel parallel bewältigen. So muss sie noch einige Babydecken fertig quilten, sich um den neu aufgebauten Online-Shop kümmern, organisieren und packen. Ihrer Mutter, die im Juni ihren 75. Geburtstag feiert, immer gute Laune hatte und die gute Seele des Ladens war, fällt das Weggehen schwer. Sie ist voller Wehmut, schließlich stammt sie aus dem Würmtal und die letzten elf Jahre in Gauting waren eine glückliche und erfolgreiche Zeit, sagt sie. "Schade, dass niemand das Haus erhalten will, es hat einen ganz besonderen Charme, es passte gut zu Stoffen und Quilts und war Heimat für uns und für unsere drei Katzen." Ein Investor habe es gekauft, und es werde mit Sicherheit abgerissen und einem Neubau weichen.

"Wir danken allen Kunden, wir wissen, dass uns viele nachtrauern. Vielleicht besuchen uns ja auch mal einige Gautingerinnen und verbinden es mit einem Kurs. Ich habe nämlich genug Platz, um Quilt-Kurse geben zu können. Und ich habe ein Gästezimmer", sagt Ricarda Heitkämper. Das klingt gut.

© SZ vom 14.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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