Gauting:Skulpturen, die an Wänden hängen

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Runde Köpfe mit auffallend großen Ohren malt der Künstler Groxi besonders gerne. Seine aktuelle Werkschau im Gautinger Rathaus startet untermalt von sphärischer Weltmusik der Gruppe "Embryo".

Von Ute Pröttel, Gauting

Es gibt Bands die treten gar nicht erst auf, wenn die Hälfte ihrer Musiker fehlt. Marja Burchard von Embryo bringt das nicht aus der Ruhe. "Ich bin in diese Band hineingewachsen", erzählt die 32-Jährige. Mittlerweile hat sie Embryo von ihrem Vater Christian, der die Formation 1969 gegründet hat, übernommen. Markenzeichen von Embryo sind gerade die wechselnden Musiker die sich immer wieder zu den verschiedenen Gigs zusammenfinden. In ihrem Zentrum Marja, die mit den ersten Tönen der Musik zu leuchten beginnt. Sie spielt Vibraphon, Klavier, Rhodes, Posaune und gelegentlich auch Schlagzeug. Eine Vollblutmusikerin, die ihre Co-Musiker "mit einer unglaublichen Sicherheit führt" wie der Künstler Groxi erzählt. Ihren Vater Christian kenne und verehre er seit seinem ersten WG-Zimmer. Marja kennt er seit ihrem 14. Lebensjahr, und dass Embryo auf seinen Ausstellungen spiele, sei beinahe schon Tradition. Und so wurde seine aktuelle Werkschau im Gautinger Rathaus am vergangenen Sonntag untermalt von der sphärischen Weltmusik einer verschlankten Embryo-Formation ohne Brass-Element. Für eine Matinée eigentlich perfekt.

Naiv anmutende Fantasiefiguren zaubert der Künstler Groxi in die Rahmen seiner Bildskulpturen. Denn natürlich gehört zu jedem Bild ein Rahmen", sagt er. (Foto: Nila Thiel)

"Meine Bilder sind Skulpturen, die als Literatur an der Wand hängen", so beschreibt Groxi seine Werke. Skulpturen deshalb, weil die Flächen, auf die der hochgewachsene Künstler seine Malerei pastos aufbringt, keine Leinwände sind, sondern Holzskulpturen in Form von Gemälden. Einige hat er nur großflächig mit Farbe versehen: "Das sind meine neuesten Werke, da wusste ich nicht so recht, was ich malen sollte", grinst er spitzbübisch. Auf der überwiegenden Zahl der 58 ausgestellten Bildskulpturen dagegen prangen naiv anmutende Fantasiefiguren, neben vielen runden Köpfen mit auffallend großen Ohren und noch viel mehr bunten Blumen und Tupfen oder Kleksen in aller Herren Farben. Das Malen mache ihm dann aber doch soviel Spaß, dass er die meisten Bildskulpturen intensiv bemale, fährt der bildhauende Maler fort. Und weil der Rahmen schon vor dem Bemalen an der Bildfläche angebracht ist, bekomme er eben auch ordentlich Farbe ab. "Natürlich gehört zu jedem Bild ein Rahmen", sagt Groxi. Das Klischee, jedes Bild gehöre "in" einen Rahmen, lehnt er aber ab. In seiner ungewöhnlichen Heiligen-Trilogie, die im Treppenaufgang hängt, hat er gleich noch mehrere kleine Rahmen auf der Bildfläche aufgebracht.

"Fünf Weisse" heißt eines der Bilder des Künstlers Groxi, der im Gautiger Rathaus ausstellt. (Foto: Nila Thiel)

"Ich zeichne auch ganz gerne mit der Kettensäge vor", erzählt er, während die Musik von Embryo das Gautinger Rathaus erfüllt. "Da bekommt der Rahmen schon auch mal was ab." Dass er sein ausgefallenes Skizziergerät ziemlich gut beherrschen muss, legt das Kunstwerk mit dem Titel "Fingerabdrücke" nahe. Darauf zu sehen: ein Hase der den bekannten Stich "Ein junger Feldhase" von Albrecht Dürer zitiert. Löffel, Läufe und Silhouette sind mit der Kettensäge in eine Pressspannplatte gezeichnet. Das Tier an sich ist schlicht schwarz, der Hintergrund weiß und im Gegensatz zu Dürer hat Groxi ihm noch zwei leuchtend gelbe Zähne verpasst. Mittels Fingerabdrücken. Weshalb er seinem Bild schlicht den Titel "Fingerabdrücke" gab.

Die Werke tragen Titel, die den Betrachter überraschen und ihm ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubern. Ein Bild, das an einen kommunistischen Bruderkuss denken lässt, heißt schlicht "Roter Fleck", ein anderes mit vier kugelrunden bunten Köpfen trägt die Unterzeile "Fünf Weisse" und assoziiert damit den Gedanken an die fünf Wirtschaftsweisen, die vielleicht doch nur so schlau sind wie vier?

Groxis Werke sind vielschichtig und kommunikativ, so wie der Künstler selber. Schnell ist er im Gespräch bei Peter Sloterdijk und Niklas Luhmann, weshalb man ihm dann doch nicht abnimmt, dass er nicht so recht weiß, was er malen solle.

© SZ vom 04.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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