Gauting:Mehr als tausend Worte

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(Foto: privat)

Der neue Gemeinderat Helmut Thaler ist Mimik-Leser

Von Michael Berzl, Gauting

In Debatten sollten die Gemeinderäte in Gauting künftig nicht nur darauf achten, was sie sagen, sondern auch, wie sie dabei aussehen. Denn als Nachrücker sitzt nun ein neuer Kollege in der Runde, der in ihren Gesichtern lesen kann. Oder zumindest glaubt, dass er es kann. Mimik-Resonanz-Profiling oder Psycho-Physiognomik nennen sich die Methoden, die Helmut Thalererlernt hat. Seinen Steinmetz-Betrieb hat er schon lange aufgegeben; nun ist er vor allem als Baugutachter und Mediator in ganz Deutschland unterwegs. Als Mitglied der CSU-Fraktion übernimmt der 62-Jährige den Platz von Rosa Strenkert, die im August nach kurzer Krankheit gestorben ist.

Thaler gehörte bereits in der vorherigen Amtsperiode als Parteifreier der CSU-Fraktion an. Nach der Kommunalwahl im März 2014 kam er zunächst nicht zum Zug, andere Kandidaten hatten mehr Stimmen bekommen. Am Dienstag wurde er von Bürgermeisterin Brigitte Kössinger vereidigt; damit ist er bereits der vierte Nachrücker in Gauting. Thaler ist auch bekannt als engagiertes Mitglied beim Bayerischen Roten Kreuz, wo er seit seiner Zeit als Zivildienstleistender ehrenamtlich arbeitet. Bis heute fährt er regelmäßig im Rettungsdienst mit.

Im Gemeinderat wird er wohl keiner sein, der die Auseinandersetzung sucht. Thaler zieht den ruhigen Ton vor, sieht sich als einen Mann des Ausgleichs und hat das zu seinem Beruf gemacht, zu seiner Passion eigentlich. "Das Zwischenmenschliche hat mich schon immer interessiert. Es geht immer auch um Emotionen", stellt er auch bei seiner Arbeit als Gutachter fest. Er ist öffentlich bestellter Sachverständiger für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk und Experte für Rutschsicherheit. Bis aus Berlin, Düsseldorf oder Leipzig kommen die Aufträge. In dieser Woche hat er sich zum Beispiel einen Schaden durch Feuchtigkeit in einer Tiefgarage im Münchner Osten angeschaut. "Jeden Tag etwas anderes, jeder Tag ist interessant", schwärmt Thaler. Dabei wird der Gautinger von Privatleuten, aber auch von Versicherungsgesellschaften, Hotels, Banken und Architekten konsultiert. Mit Baustellen kennt er sich also aus und auch mit den Fehlern, die dort passieren können. Da liegt es nahe, dass er als Mitglied des Bauausschusses berufen wurde.

Thaler bietet seine Hilfe aber auch als Mediator für "zwischenmenschliche Auseinandersetzungen in allen Lebensbereichen" an, unter Nachbarn, in Familien und Partnerschaften oder in der Arbeit und verspricht Lösungen auch bei anfänglich aussichtslos erscheinenden Konfliktsituation.

Um solche Aufgaben meistern zu können, hat Thaler an diversen Kursen und Lehrgängen teilgenommen. Jetzt kann er die Mimik von Menschen besser interpretieren und glaubt, aus der Kopfform von Menschen sowie aus der Beschaffenheit von Nase, Ohren und Augen etwas herauslesen zu können. Die Psycho-Physiognomik findet sogar in den Personalabteilungen großer Unternehmen Anwendung, wird von Kritikern aber als esoterischer Mumpitz bezeichnet.

© SZ vom 06.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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