Gauting:Mathe mal ganz anders

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Virtuos, dynamisch und ausdrucksstark: das Benedikt Jahnel Trio. (Foto: Georgine Treybal)

Das "Benedikt Jahnel Trio" präsentiert im Gautinger Bosco seine neue CD

Von Reinhard Palmer, Gauting

Sucht man nach einer Erklärung für den Titel der neuen CD "The Invariant", so hilft es, zu wissen, dass der Jazzpianist Benedikt Jahnel nebenbei promovierter Mathematiker ist. Salopp erklärte er kürzlich in einem Interview, was es mit der mathematischen Invariante auf sich hat: "Das sind irgendwelche Größen, die unter einer Transformation unverändert bleiben". Und: "Ich mochte den Klang von dem Wort immer schon." Der Titel ist also von der Wortbedeutung wie vom Wortklang her Programm, wie man sich in einer glänzend besuchten CD-Präsentation im Gautinger Bosco überzeugen konnte.

Es war nicht der erste Besuch Jahnels in der Würm-Philharmonie, gastierte er doch schon mehrmals sowohl als Mitglied der Erfolgsband max.bab wie seines Trios - zusammen mit dem Spanier Antonio Miguel am Kontrabass und dem Kanadier Owen Howard am Schlagzeug. Die neue Trio-CD beglückt die eingefleischten Fans der Formation zweifelsohne erneut, sind doch das lustvolle und ungemein imaginative Musizieren nach wie vor das stilistische Hauptmerkmal des Benedikt Jahnel Trios. Der packende Zugriff, die melodische Intensität, die improvisatorische Virtuosität sowie der mitreißende Drive sind überzeugende Argumente dafür, sich die Band mit Lust und Vergnügen anzuhören, ohne sich über Ausflüge in benachbarten Gattungen wie Pop, Rock, Funk oder Klassik zu wundern. Erlaubt ist, was gutes Material für kernige Arrangements und Improvisationen liefert, aber vor allem, was für effektvolle Überraschungen gut ist.

Überprüfte man das mathematische Prinzip im CD-Titel in der Live-Musik, so war festzustellen, dass es tatsächlich in direkter Weise wirksam wurde. Wobei die Eigenschaften der Invarianten sowohl auf die Themen zutrafen, wie immer wieder auf ostinate Begleitfiguren, Rhythmen und Grooves, die über längere Strecken die Basis für Improvisationen vielfältiger Art abgaben. Wiederholungen, die normalerweise monoton und langweilig wirken, wurden lang genug durchgehalten und etwa als akkordisches Tremolo in klangsatter Intensität bis an die Schmerzgrenze weitergeführt. Damit öffnete sich die Musik in die Weite, hob ab und schillerte in satten Farben. Erschien ein melodisches Thema als Invariante, so musste es nicht zwangsläufig in seiner Wiederholung zu hören sein. Den drei Musikern gelang es, bisweilen schlicht per Andeutung, Markierung oder suggestiv das Thema mitzuführen. Entscheidend war dessen unveränderte Gestalt, die immer wieder im Labyrinth der wendungsreichen Eigenkompositionen Jahnels selbstredend ausgespielt erklang. Nicht selten in einem Ensemble-Unisono, das selbst Howard bei ausgeprägten Rhythmen mitanstimmen konnte. Und auch das befeuerte die Intensität und lud den Ensemblesatz mit geballter Energie auf.

Besonders spannend wurde es, wenn ein solches Thema als Basis eines Schichtmodells diente, wo eben Thema und freie Variationen - geltend auch für die kernigen Soli - zugleich erklingen konnten, um übergreifend diverse Ausdruckskonstellationen zu erproben. Dabei mit einem besonderen Augenmerk auf das Zusammenwirken im Ensemble, dem nun die höchste Aufmerksamkeit galt. Die dichte Textur im Schlagzeug, der ruhig, aber entschieden antreibende Motor am Kontrabass sowie die intensive pianistische Virtuosität fanden im Trio einen gemeinsamen Nenner, um den sich die Interpretationen drehten. Die herausragende Qualität fand sich denn auch in Form einer dynamischen Klangbalance in der überaus inspirierten und lustvollen Spielweise. Honoriert wurde dies mit frenetischen und lang anhaltende Ovationen.

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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