Gauting:Klang und Bewegung

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Frühlingshaftes Erwachen: Szene aus der Vivaldi-Aufführung mit Ballett im Gautinger Kulturzentrum Bosco. (Foto: Nila Thiel)

Antonio Vivaldis "Jahreszeiten" mit Ballett: Eine Kindervorstellung im Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Nicht alle klassischen Werke eignen sich dazu, Kinder und Jugendliche an die Klassik heranzuführen. Letztlich greifen die Macher deshalb immer wieder auf dieselben Werke zurück, zumal wenn sie den Schritt zur Neuen Musik scheuen. Bei Vivaldis "Die Jahreszeiten" kann Heinrich Klug, der nach seiner Laufbahn als 1. Solocellist der Münchner Philharmoniker intensiver denn je an den Kinderprogrammen feilt, zumindest davon ausgehen, dass das Publikum zahlreich kommt. Wie diesmal ins Bosco.

Vivaldis Eignung als Verführer zur Klassik steckt nicht nur in seinen Programmmusiken, die im Fall der "Jahreszeiten" mit Begleittexten detailliert beschrieben sind, sondern generell in seiner sinnenfreudigen und klangmalerischen Musiksprache, die an vielen Stellen im Grunde schon das 19. Jahrhundert vorwegnimmt. Klug, der selbst am Cembalo musizierte, versteht es, als eloquenter Moderator, Erzähler und in gewisser Weise Entertainer die Inhalte fesselnd rüberzubringen, sodass der Zauber der Musik bei den Jüngsten ankommt. Um so mehr, als die Münchner Ballettschule Benedict-Manniegel mit einer faszinierend szenischen Umsetzung für den visuellen Reiz sorgte. Den Studenten der Ballettakademie gelang es, die Musik nach einer Choreografie von Heinz Manniegel und in farblich wunderbar abgestimmten, von Petra Jakob gestalteten Kostümen erzählerisch in Bewegung auszudrücken.

Wie die klassische Musik, so hat offenbar auch das Ballett seine Mühe mit dem Nachwuchs: Die meisten Tanzstudentinnen der Aufführung kamen aus Japan, vermittelt über eine Agentur, hieß es in der Einführung, weil es hierzulande an Interessenten fehle. Und waren einst die Musikschulen hoffnungslos überlaufen, so müssen sie heute viele zusätzliche Anreize schaffen, um Auslastung zu erreichen. Wahrscheinlich hat es auch mit dem Schulsystem zu tun, dass wirtschaftlich nicht unmittelbar Verwertbares keine Chance bekommt. Um so wertvoller der Beitrag von Klug, der mit seinen einstigen Orchesterkollegen und Philharmonie-Akademisten effektive Motivationsarbeit leistet. Vorbilder finden sich auch unter Kindern und Jugendlichen: Es sind Preisträger des Wettbewerbs Jugend Musiziert, die sich als Solisten virtuos in Szene setzten und die Bilder von mächtigen Stürmen, Schlittschuhläufern im eisigen Winter, dörflichen Idyllen mit bellenden Hunden, sonnendurchfluteten Sommerlandschaften, Jagdszenen oder Erntefesten greifbar und lebendig machten. Die Begeisterung bei Klein und Groß belohnte die Mühen der aufwendigen Produktion.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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