Gauting:Kämmerin muss nachsitzen

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Nach einem Rüffel des Landratsamts beschließt der Gautinger Gemeinderat mit großer Mehrheit einen korrigierten Haushalt. "Hier werden acht bis neun Millionen verschoben", kritisiert ein Grüner

Von Michael Berzl, Gauting

Nach einer deutlichen Rüge von der Kommunalaufsicht im Landratsamt muss die Gemeinde Gauting Korrekturen an ihrem Haushalt vornehmen. So war der Schuldenstand falsch dargestellt, Einnahmen aus Grundstücksverkäufen waren eingeplant, obwohl recht unsicher ist, ob es zu diesen Geschäften tatsächlich kommt. Die Pro-Kopf-Verschuldung liege in Wirklichkeit weit über dem Landesdurchschnitt, heißt es in einer Stellungnahme der Kreisbehörde. Nun gibt es einen überarbeiteten Etat, den der Gemeinderat am Dienstag mit deutlicher Mehrheit beschlossen hat. Vor allem Geld, das in den vergangenen Jahren übrig geblieben ist, hilft der Kämmerin Heike Seyberth, die Gemeinde aus dem finanziellen Schlamassel zu führen.

Bei der ersten Abstimmung über den Etat einen Monat zuvor war die Unterstützung größer; da fiel die Zustimmung fast einstimmig aus. Diesmal haben die Vertreter von Grünen, SPD und FDP sowie die parteifreie Christiane Lüst den Haushalt abgelehnt. Ein Grund war, dass nur sehr wenig Zeit war, sich mit den zahlreichen Änderungsvorschlägen zu befassen. Vergeblich hatte der SPD-Gemeinderat Jürgen Schade gefordert, in Ruhe in einem Ausschuss über die neuen Zahlen zu beraten und später darüber abzustimmen. Die Stellungnahme des Landratsamtes, die schon seit einer Woche im Rathaus lag, ist den Gemeinderäten erst am Abend vor der Sitzung zugegangen.

In ungewöhnlich deutlichen Worten rüffelt darin Gerhard Hertlein vom Kommunalwesen in Starnberg das Zahlenwerk. So war seiner Ansicht nach "die Übersicht über den voraussichtlichen Stand der Schulden falsch". In Wirklichkeit müssten 8,9 Millionen Euro angesetzt werden und nicht 4,2 Millionen. "Erhebliche Bedenken" äußert er wegen der geplanten Einnahmen aus Grundstücksverkäufen in Höhe von 4,3 Millionen Euro. Derlei Probleme hatten sich offenbar schon abgezeichnet. Wegen einer "äußerst kritischen Prognose" fand Anfang Dezember eine Vorbesprechung statt, berichtet der staatliche Rechnungsprüfer Thomas Schade. Dazu kam, dass der bisherige Kämmerer zwar noch einen Haushaltsentwurf vorgelegt, seine Stelle im Rathaus aber gekündigt hat. Stellvertretend mussten sich Kollegen in der Verwaltung des 400-Seiten-Werks annehmen. In drei mehrstündigen Sitzungen hat der Finanzausschuss darüber beraten. An ihrem zweiten Arbeitstag Anfang Februar hat die neue Kämmerin den Haushalt ins Landratsamt gebracht, um ihn ein paar Wochen später zur Korrektur zurückzubekommen. "Wir sind aus allen Wolken gefallen, weil wir damit wirklich nicht gerechnet haben", sagte sie im Gemeinderat. Trotz Erkältung war sie gekommen, um bis 23 Uhr auszuhalten.

Heike Seyberth hat eine anstrengende Woche hinter sich. Seit der Hiobsbotschaft aus Starnberg hat sie den Haushalt durchgeackert, Posten verschoben, neu deklariert, Ausgaben gestrichen, so dass sich die Gesamtverschuldung zum Jahresende auf 5,5 Millionen beläuft. Vor allem eine "sehr außergewöhnliche, absolut einmalige Situation" ermöglicht laut Seyberth eine Lösung. So seien in den vergangenen Jahren Millionenbeträge für Investitionen vorgesehen gewesen, die aber nicht benötigt wurden. Nach den Änderungen, so ist die Kämmerin überzeugt, "sollte eine Genehmigung des diesjährigen Haushalts möglich sein". Allerdings unter dem Protest einiger Gemeinderäte. So mahnte Jens Rindermann (Grüne): "Hier reden wir von Verschiebungen in einer Größenordnung von acht bis neun Millionen Euro, von Verkaufserlössteigerungen von 60 Prozent. Das sind keine Peanuts. So geht's nicht".

Die Gemeinde will mehrere Immobilien verkaufen. So soll ein Haus am Krapfberg zwei Millionen Euro bringen, ein Gebäude am Buchendorfer Berg 1,8 Millionen. Für das Gelände der Grundschule an der Bahnhofstraße werden mehr als fünf Millionen erwartet. Zwischen dem ehemaligen Firmengebäude von Apparatebau an der Ammerseestraße und der Pötschener Straße sollen Reihenhäuser entstehen. Zwei Millionen soll dort der Grundstücksverkauf bringen, allerdings erst im nächsten Jahr.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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