Gauting:Hinübergerettet

Lesezeit: 2 min

Die Gemeinde Gauting wirtschaftet zunächst mit Geld, das vom vergangenen Jahr noch übrig ist. Fast einstimmig wird der 50-Millionen-Etat zusammen mit einer Steuererhöhung gebilligt

Von Michael Berzl, Gauting

Vom vergangenen Jahr ist noch so viel Geld übrig, dass die Gemeinde damit heuer noch bequem eine Weile wirtschaften kann. Mit einem Finanztrick, der aber zulässig und durchaus üblich ist, kommen die Gautinger in finanziell schwierigen Zeiten nun doch noch gut über die Runden. "Das ist ein häufig gebrauchtes Mittel", sagte die neue Kämmerin Heike Seyberth. Hatte es bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs im Dezember noch so ausgesehen, als müssten immens viele Schulden aufgenommen werden, sieht die Lage nun viel entspannter aus. So hat der Gemeinderat am Dienstag fast einstimmig den 50-Millionen-Etat gebilligt.

Bis zu diesem Haushaltsbeschluss war ein mühsamer Weg mit einigen Schwierigkeiten zu bewältigen. Der vorherige Kämmerer Hans Jürgen Paul hatte den knapp 500 Seiten umfassenden Entwurf noch zusammengestellt, hat seinen Posten in Gauting aufgegeben und arbeitet nun bei einem Zweckverband in München. Im Dezember wurden die Eckdaten erläutert. Als "katastrophal" beschrieb Grünen-Gemeinderat Jürgen Schade rückblickend die damalige Situation, als "nicht genehmigungsfähig", bezeichnete SPD-Sprecherin Julia Ney den Haushaltsentwurf. Seither hat sich aber viel getan. In drei Marathonsitzungen, die jeweils bis kurz vor Mitternacht gedauert haben, hat der Finanzausschuss das Zahlenwerk Posten für Posten auf Einsparmöglichkeiten durchsucht. Und auch die Rathausverwaltung hat das ursprüngliche Konzept überarbeitet. Hauptamtsleiter Gernot Struwe und der Geschäftsleitende Beamte Joachim Graf haben diese Aufgabe vertretungsweise und zusätzlich zu ihren eigentlichen Arbeiten übernommen. Viele Überstunden waren dafür nötig; auch die Kämmerer in den Nachbargemeinden in Krailling und Planegg haben ihre Hilfe angeboten.

Das wichtigste Instrument, das sie nun einsetzen ist die "Bildung von Haushaltsresten", wie das in der Sprache der Kämmerer heißt. Dabei geht es um eine Summe von knapp 3,6 Millionen Euro, die eigentlich im vergangenen Jahr schon verplant waren, aber nicht ausgegeben wurden. Das zieht sich durch alle Ressorts. Ob es der Brandschutz im Rathaus ist oder der Ausbau des Bürgerbüros in Stockdorf, Ausbauten von Feuerwehrhäusern, Schulen, dem Jugendzentrum oder Straßen: Verschiedenste Vorhaben wurde nicht begonnen oder nicht ganz erledigt, die vorgesehenen Ausgaben sind daher noch übrig und können nun als Ausgaberest verwendet werden. Ein Vorteil ist, dass dieses Geld sofort zur Verfügung steht und nicht erst, wenn das Landratsamt den Haushalt genehmigt. "Die Gemeinde tut so, als wäre das Jahr 2015 noch länger": So beschrieb der CSU-Gemeinderat Franz Jaquet griffig die Methode. Die für dieses Jahr vorgesehene Kreditaufnahme beläuft sich nun noch auf zwei Millionen Euro.

Außerdem beinhaltet der Haushalt eine Erhöhung der Grundsteuer, was zusätzliche Einnahmen von etwa 450 000 Euro bringen soll. Das ist der Grund, warum die FDP-Gemeinderätin Britta Hundesrügge als einzige den gesamten Etat abgelehnt hat. "Jetzt wird dem Bürger in die Taschen gegriffen und die Mieten werden noch teurer", kritisierte die Fraktionssprecherin. Nach Angaben von Bürgermeisterin Kössinger geht es da beispielsweise bei einer kleinen Mietwohnung um eine Mehrbelastung von zwei Euro pro Monat.

Trotz einiger kritischer Anmerkungen haben den aktuellen Haushalt dann doch fast alle Gemeinderäte mittragen können. Das gilt aber nicht für die Finanzplanung für die kommenden Jahre, die ebenfalls zum Haushalt gehört. Da sind Posten aufgeführt, mit denen Vertreter von Grünen, SPD und FDP nicht einverstanden sind. Die langfristige Prognose wurde deshalb nur mit einer 15:9-Mehrheit gebilligt.

Die neue Kämmerin, die seit dieser Woche im Amt ist, tritt jedenfalls ein schwieriges Erbe in Gauting an. Das dürfte ihr schon in den stundenlangen Ausschusssitzungen klar geworden sein, die sie mitverfolgt hat. Heike Seyberth aus Puch im Landkreis Fürstenfeldbruck hatte zuvor das Hauptamt und die Kämmerei in der Verwaltungsgemeinschaft Grafrath geleitet, zu der auch die Gemeinden Schöngeising und Kottgeisering gehören. Später war sie dort für allgemeine Rechtsangelegenheiten zuständig, ehe sie nach Gauting kam.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: