Gauting:Hausgemachte Probleme

Lesezeit: 2 min

Die Bestandsanalyse im Rahmen des Integrierten Gesamtmobilitätskonzept für Gauting beweist, dass die Gemeinde noch viel tun muss, um den Individualverkehr zurückzudrängen. Bei einer Infoveranstaltung geben die Bürger viele Anregungen

Von Blanche Mamer, Gauting

Der Verkehr in Gauting ist selbstgemacht. Das ist keine neue Erkenntnis, das haben alle bisherigen Verkehrsbefragungen ergeben, zuletzt jene von Professor Harald Kurzak von 2011. Auf die bereits vorliegenden Daten stützt sich der Verkehrsplaner Ralf Kaulen, der das Integrierte Gesamtmobilitätskonzept für die Gemeinde erarbeitet und am Montag im Bosco seine Bestandsanalyse vorstellte. Vor knapp 70 Zuhörern erläuterte er die verschiedenen Schritte und forderte die Bürger zu Anregungen und Hinweise auf Gefahrenpunkte auf. Er betonte, Aufgabe seines Büros sei, die Teilkonzepte für den Autoverkehr, inklusive Tempo-30-Zonenkonzept, sowie das Fußwege- und Radwegenetz zusammenzuführen.

Der Autoverkehr mit 19 000 Fahrzeugen am Tag dominiert den Straßenraum, die Rahmenbedingungen für Radfahrer und Fußgänger sind nicht günstig. Viele Gautinger nutzen ihr Auto viel und oft für kurze Distanzen und erledigen relativ wenig zu Fuß. Hier sei ein Umdenken notwendig, sagt Kaulen. Das müsse freiwillig geschehen, jeder müsse sich fragen, ob für bestimmte Ziele das Auto notwendig sei. Es gehe jedoch nicht darum, dem Bürger zu diktieren, welches Verkehrsmittel er nutzen solle, findet er. Es gelte vielmehr, durch eine Steigerung der Attraktivität des Umfeldes, durch Infrastrukturmaßnahmen, ein breites und verbessertes Angebot an Rad- und Fußwegen sowie baulichen Veränderungen ein Umdenken zu erreichen.

Bei der Bürgerinfo zum Gesamtmobilitätskonzept mit Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (li.), Christian Booß und Ralf Kaulen informieren sich Andreas und Christian Schröder sowie Irmgard Siepenkötter. (Foto: Nila Thiel)

Zu den konkreten Anforderungen gehören Tempo-30-Verordnungen, die allen rechtlichen Vorgaben stand halten. Nachdem in den vergangenen Wochen an einigen Straßen die Tempo-30-Schilder abgebaut wurden, ist dies wieder ein strittiges Thema; der Abbau der Tempolimit-Schilder am Buchendorfer Berg ist dann auch der erste Kritikpunkt in der Fragerunde. Schließlich sei die Geschwindigkeitsbegrenzung vor 30 Jahren nach einem tödlichen Unfall eingeführt worden.

Zuerst müsse das Gesamtmobilitätskonzept stehen, danach könne die Rechtsgrundlage für ein Tempolimit geschaffen werden, sagte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger. Auch die Novelle der Straßenverkehrsordnung sei kein Freibrief für Tempolimits, sagte Kaulen. Immer noch müsse ein Unfallschwerpunkt nachgewiesen werden.

Viele Probleme und Kritikpunkte, die von den Bürgern vorgebracht werden, sind nicht neu und beziehen sich auf alte Versäumnisse. So beklagt der ehemalige Feuerwehrkomandant und Gemeinderat Sebastian Grill die Staus in der Starnberger Straße und kritisiert das historische Versäumnis einer zweiten Würmbrücke. Und Arthur Mattejat von der Verkehrsinitiative Pro Gauting moniert, dass Bundesrecht unterschiedlich umgesetzt wird und in Nachbargemeinden andere Maßstäbe gelten. Er will zudem wissen, ob das Lärmkataster in die Planung einfließe. Eine Umsetzungsstrategie vor allem für die Bahnhofstraße wünscht sich der frühere Gemeinderat Andreas Romero. Es allen recht zu machen, werde wohl nicht gehen, meint eine Bürgerin zum Schluss. Sie vertraue jedoch auf die Experten, dass ein Konsens gefunden werde.

Nach der knapp zweieinhalbstündigen Veranstaltung waren die Bürger an der Reihe, auf bereitliegenden Zetteln ihre schriftlichen Vorschläge mitzuteilen. Etwa 150 Gefahrenpunkte sind auf den vergrößerten Straßenplänen markiert worden. Schwerpunkt war die Bahnhofstraße. Alle Anregungen sollen geprüft und wenn sie fundiert sind, in das Konzept eingearbeitet werden.

Damit sich möglichst viele Bürger an dem Gesamtkonzept beteiligen, hat die Verwaltung die Präsentation auf die Homepage der Gemeinde unter dem Stichpunkt "News" eingestellt. Bis Ende April ist noch Zeit, um ihre Vorschläge in die im Rathausfoyer bereitstehende Box einzuwerfen. Oder sie können ihre Anregungen online mitteilen unter dialog@gauting.de. Der zweite öffentliche Termin soll am Montag, 8. Mai, stattfinden.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: