Gauting:Gute-Laune-Musik

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Weniger schwerer Blues wie aus New Orleans, als sonnig und locker wie in der Karibik: "Jazz Creole" begeisterten die Zuhörer im Gautinger Bosco. (Foto: Franz X. Fuchs)

Jazz Creole und Leroy Jones im Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Der Name ist nicht nur Programm, sondern gibt auch ein gewisses Lebensgefühl wieder. Klarinettist und Safophonist Uli Wunner ist Kopf der Formation "Jazz Creole", die mit ihrer Musik an die Ursprünge des New-Orleans-Jazz erinnern will. Das ist insofern von Bedeutung, als damit ein besonderer Zugriff auf die klassische Literatur einhergeht. Und der erzeugte im voll besetzten Bosco-Saal im Rahmen des Jazzforums nicht nur eine gepflegte Konzertatmosphäre, sondern auch reichlich gute Laune.

Einmal mehr - wie etwa beim Tango, der in den Vororten von Buenos Aires entstand - waren es Einwanderer, die in Amerika in ethnischen Mix aus Nachfahren afrikanischer Sklaven sowie Einwanderern aus Frankreich und Spanien Musikgattungen hervorbrachten, die die Welt eroberten. Dass Stargast Leroy Jones die Stadt New Orleans nicht in den USA, sondern im Norden der Karibik verortet, mag durchaus auch als politischer Wunsch zu verstehen sein. Zugleich verwies der Trompeter und Sänger darauf, dass die musikalische Entwicklung seiner Heimatstadt parallel und unter gleichen Umständen verlief wie in der Karibik, wo Calypso, Beguine, Merengue, Salsa, Mambo, Milonga und viele mehr entstanden.

Eine interessante Koinzidenz, die den musikalischen Ansatz von Band und Jones untermauert, der mit Leichtigkeit, heiterer Beschwingtheit und Einfühlsamkeit besticht - gerade in Titeln, mit denen schon Louis Armstrong seinen Ruhm zementierte wie "When You're Smiling" oder "Indiana". Auch wenn hier die Wurzeln andere sind: New Orleans kann zwar bluesig schwer sein, aber ebenso sonnig, unbeschwert und leidenschaftlich wie die Karibik. Äußerlich mag der Unterschied schwer festzumachen sein, doch Wunner, Karel Algoed (Kontrabass), Harry Kanters (Klavier) und Stephan Treutter (Schlagzeug) strahlten vor allem in den Soli reinste Lebensfreude aus. Und wenn es virtuos wirbelte und das Schlagwerk schlank, doch unerbittlich zusammen mit dem Walking Bass vorantrieb - etwa in "I found a new Baby" oder "Pennies from Heaven" - dann blitzte südländisches Temperament durch.

Jones ließ dem immer wieder freien Lauf, folgte schlank, transparent und homogen der Handschrift der Combo. Doch anders als im Gesang raute er das Klangbild seines Flügelhorns mit auffallend kleinem Mundstück an, überblies immer wieder und ließ die Töne sich überschlagen. Bisweilen kamen sie auch nicht ganz sauber: Jones ließ dem Zufall eine Chance, brachte überraschende Spannungen und Dissonanzen hervor, um sie sogleich auflösend überaus inspiriert zu verarbeiten.

Auch Wunner konnte bisweilen härter und rauer, zog aber plastisch geformte Mäander von blühend-sonniger Klangnote mit gefühlvoll ausklingenden Phrasenendungen vor. In einer weicheren Variante dann auch am Saxofon, etwa im Standard "All of me". Lyrischer ging der Niederländer Harry Kanters am Flügel vor, er suchte mit perlenden Läufen immer wieder ein leuchtendes Leggiero, in dem er teils fingerakrobatische Figurationen erfand. Nur solistisch mit dem "Finger Breaker" von Jelly Roll Morton entlockte Kanters dem Flügel auch sperrigere Klänge, insbesondere im rasanten Oktavbass. Ansonsten konnte er mit der filigranen Einfühlsamkeit Wunners als dialogisierender Gegenpart wirken, wenn dieser nicht gerade Jones' kraftvolles Spiel mit zarten Girlanden umflorte.

Die Musiker vermieden jedenfalls Überlagerungen, die dem schlanken Duktus allzu viel Masse einbringen würden. Diese Klarheit reichte nicht nur bis in den singenden Bass des Belgiers Algoed hinein, sondern auch bis zum Schlagzeug, wo Treutter selbst in den großen Soli nicht etwa auf Volumen, sondern auf feinsinnige Akzente setzte. So blieb das Klangbild erfrischend, klar und wohltuend. Dem Publikum jedenfalls gefiel es außerordentlich.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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